AfD-Politiker provoziert mit Auftritt in Dresdner Kino

Wie (un)wahrscheinlich ist es, dass sich ein völkischer Nationalist in einem linken Szenekiez an Heiligabend Monty-Pythons »Das Leben des Brian« ansehen will?

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die AfD liebt es, sich das Toleranzparadoxon des Philosophen Karl Popper zu Eigen zu machen. Um jene politisch lächerlich zu machen, die für eine tolerante Gesellschaft eintreten, setzt die radikale Rechte solange auf Provokation, bis das Gegenüber sich gezwungen fühlt, zu reagieren und sich die AfD daraufhin als Opfer vermeintlicher Intoleranz inszeniert.

Ein Lehrstück der »sorgfältig geplanten Provokationen« lieferte zu Weihnachten Jens Maier ab. Seit vielen Jahren lädt der linke Jugendverein »Roter Baum« an Heiligabend zu einer Kinovorstellung in die Schauburg in der Dresdner Neustadt ein. Schon für sich genommen ein Ort, an dem sich der völkische Rechtsaußen keinesfalls wohlfühlen dürfte. Die Neustadt gilt als alternatives Viertel, der Verein als links.

Auch der angekündigte Film passt nicht zu jemanden wie Meier, der den angeblichen Verfall christlicher Werte beklagt. Mit dem Monty-Python-Klassiker »Das Leben des Brian« setzt der »Rote Baum« seit Jahren ein augenzwinkerndes Zeichen »der Ruhe vor dem Weihnachtssturm«. Als die Satire auf religiösen Fanatismus 1979 erschien, protestierten christliche und jüdische Verbände, radikale Vertreter sprachen von Blasphemie, noch heute darf der Film an Karfreitag nicht öffentlich aufgeführt werden. Kaum vorstellbar, dass Maier, der ein inniges Verhältnis zu den selbsterklärten Abendlandrettern von Pegida pflegt, sich einfach nur gemütlich genau diesen Film anschauen wollte.

Dazu kam es dann auch nicht: Natürlich fiel der stadtbekannte Dresdner AfD-Politiker im Publikum auf, die Veranstalter machten von ihrem Hausrecht Gebrauch und setzten Maier vor die Tür. Der beklagte sich daraufhin erwartungsgemäß über die »totalitären Herrschaftsansprüche« aus »der «Rot-Rot-Grünen Ecke» und nutzte den Vorfall gleich noch für einen Aufruf zur sächsischen Kommunal- und Landtagswahl 2019, bei der es um nicht weniger als eine «Schicksalswahl für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung» handele.

«Nein, einen solchen Mann wollen wir nicht auf unseren Veranstaltungen. Dieser Mann kennt den Bereich der Toleranz, die vernünftige Menschen aufbringen dürfen und stellt sich selbst jenseits davon auf», reagierte Tilo Kießling, Geschäftsführer des Jugendvereins, auf die Vorwürfe Meiers. Er stellte klar: «Man muss die Feinde der Demokratie nicht ertragen. Man kann, nein man MUSS ihnen sagen, dass sie unerwünscht sind.»

Die antifaschistische Vereinigung «Dresden Nazifrei» nannte den Vorfall «ein Paradebeispiel, wie rechte Propaganda in Zeiten der sozialen Medien funktioniert». «Warum geht man also als extrem rechter Politiker genau zu solch einer Veranstaltung? Richtig, er wollte mit einer plumpen Inszenierung ganz gezielt einen ›Skandal‹ provozieren», heißt es in einer Stellungnahme. Haben die Veranstalter also richtig entschieden, als sie Maier des Saales verwiesen? Karl Popper hatte darauf schon 1945 eine klare Antwort: «Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.»

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