»Fremdenfeindlichkeit«? Das Problem heißt Rassismus

Medien berichten, die Anschläge von Bottrop und Essen seien »fremdenfeindlich« motiviert / Der Begriff ist falsch - und seine Verwendung oft selbst rassistisch

  • Lou Zucker
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Autoanschläge in der Silvesternacht in Bottrop und Essen geschahen nicht aus »Fremdenfeindlichkeit«. Das Problem heißt Rassismus und sollte auch so benannt werden. Rassistisch ist teilweise auch die mediale Berichterstattung.

Der »MDR« gab auf Twitter NRW-Innenminister Herbert Reul mit den Worten wieder, der Täter »entwickelte aus persönlicher Betroffenheit heraus Hass auf Fremde«. Das klingt fast so, als seien die Menschen, die der 50-jährige mit seinem Auto zu töten versuchte, selber Schuld, weil sich andere »Fremde« in der Vergangenheit dem Täter gegenüber schlecht verhalten hätten. Wie auch immer diese »persönliche Betroffenheit« ausgesehen haben mag, nichts rechtfertigt eine solche Tat - am allerwenigsten das vermeintliche Verhalten einer Gruppe, der die Opfer von Bottrop und Essen zugeschrieben werden.

Was genau soll überhaupt »fremd« heißen? Der Täter hatte vermutlich »fremdenfeindliche« Motive heißt es durchweg in den Meldungen. Außerdem wird immer wieder Reul mit den Worten zitiert, der Täter habe die »klare Absicht gehabt, Ausländer zu töten«. Mit Sicherheit hat der Mann jedoch vor seinem Angriff niemanden nach seiner oder ihrer Nationalität gefragt und er hatte es offenbar auch nicht auf weiße Schweizer*innen abgesehen. Wenn in deutschen Medien von Ausländern die Rede ist, sind fast immer Menschen mit dunkler Haut, dunklen Haaren, Hijab oder anderen äußeren Merkmalen gemeint, die sie in irgendeiner Weise von der weißen, deutschen »Mehrheitsgesellschaft« unterscheiden. Sie werden sogar oft dann noch als Ausländer bezeichnet, wenn sie einen deutschen Pass haben oder in Deutschland geboren sind. Außerdem scheinen sie schneller unter die Kategorie »fremd« zu fallen, als beispielsweise der weiße Tourist aus den USA. Diese gebräuchliche Praxis der Begriffsverwendung in deutschen Medien erinnert stark an das Rassendenken im Nationalsozialismus: Nur wer blond und blauäugig ist, gehört wirklich zur deutschen Nation.

Eine Alternative ist der Begriff People of Color: Dem Onlineportal »Mut gegen Rechte Gewalt« zufolge eine Selbstbezeichnung von Menschen, »die in der Mehrheitsgesellschaft als nicht-weiß angesehen werden« und aufgrund äußerer Merkmale oder Zuschreibungen Rassismus erfahren. Denn bei Angriffen wie in Bottrop geht es nicht um ausländische Herkunft oder Nationalität. Es geht um eine Trennung zwischen einem imaginierten »Wir« und den vermeintlich »Anderen« entlang äußerer Merkmale. Und es geht um die Verteilung von Ressourcen: Laut »Tagesspiegel« fand der arbeitslose Angreifer es »ungerecht, dass auch arbeitslose Ausländer vom Staat Geld bekommen«. Das ist Rassismus. Und mit der medialen Verwendung von Wörtern wie »Fremdenfeindlichkeit« wird die rassistische Trennung in »Wir« und »die Anderen« fortgeführt.

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