Fußballtrainer in Zeiten der Krise

Beim dritten Mal hat es geklappt. 1984 hatte Bernd Stange die DDR-Fußballer zu Olympia geführt. Gleiches gelang dem gebürtigen Gnaschwitzer mit der irakischen Auswahl 20 Jahre später für die Spiele in Athen. Beide Reisen zu einem großen Turnier wurden jedoch von der großen Politik gestoppt: vom Boykott des Ostblocks der Sommerspiele in Los Angeles und vom dritten Golfkrieg. Am 6. Januar 2018 war es dann so weit: Nach mehr als 170 Länderspielen als Nationaltrainer in sechs verschiedenen Ländern trat er mit Syrien beim Asien-Cup an. Den späten Höhepunkt seiner langen Karriere konnte Stange nur kurz genießen. Weil dem torlosen Remis zum Auftakt gegen Palästina ein 0:2 gegen Jordanien folgte, wurde er am Donnerstag entlassen.

Anders als gedacht kam es auch bei Stange manchmal. »Nationaltrainer von Syrien werde ich nicht mehr«, sagte er im Juni 2012 im nd-Interview, etwa ein Jahr nach Kriegsbeginn. Trotz fortwährender Waffengewalt übernahm er Anfang 2018 dann doch das syrische Nationalteam. Dafür ließ er auch seine Feier zum 70. Geburtstag ausfallen, für die schon alle Einladungen verschickt waren.

»Hoffnung« und »Erfahrung« - so erklärt Stange sein Wirken in Zeiten der Krise. Freude will er durch den Fußball vermitteln, zuletzt in Syrien, davor in Belarus und Irak. Von seinem Wissen wollten auch Oman und Singapur profitieren, ebenso Vereine in der Ukraine. In dem Spannungsfeld zwischen Sport und Politik bewegte sich Stange die meiste Zeit seines Trainerlebens. Kritik gab es dafür reichlich. Er sagt: »Sport wird in allen Systemen instrumentalisiert.« Mindestens einmal ließ er sich selbst instrumentalisieren - als Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit.

Zwei Titel gewann Bernd Stange als Trainer: 2006 wurde er mit Apollon Limassol Meister und Supercupsieger in Zypern. Zwei Ehrungen stehen für seine Widersprüchlichkeit: In der DDR erhielt er den Vaterländischen Verdienstorden, 2003 verlieh ihm der Weltverband den FIFA Presidential Award für seine sportliche Aufbauarbeit unter Iraks Präsident Saddam Hussein. Alexander Ludewig

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