Freundlich, aber wenig hilfreich
Kurt Stenger über Merkels Staatsbesuch in Griechenland
Die Zeiten sind vorbei, in denen ein Staatsbesuch Angela Merkels in Griechenland von Massenprotesten und Karikaturen der Kanzlerin in Nazi-Uniform begleitet wurden. Das liegt nicht etwa daran, dass Merkel in dem südosteuropäischen Land mittlerweile besser ankommt, sondern dass die meisten Griechen ohne Hoffnung und protestmüde sind. Nach dem Ende der Zwangsausteritätsprogramme unterm Eurorettungsschirm hat die Merkel-Kritik auch etwas an Angriffsfläche verloren.
Ohnehin setzte der linke Premier Alexis Tsipras die Jahre über auf einen direkten Draht und ein freundlich-diplomatisches Verhältnis zu Merkel (und umgekehrt). Der SYRIZA-Chef unterschied klar zwischen der eher pragmatischen Kanzlerin und dem »harten Hund«: Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble, der die frechen Griechen zeitweilig wohl am liebsten aus dem Euro geworfen hätte. Gebracht hat es letztlich wenig: Auch Merkel drang auf den Austeritätskurs, der die Krise noch verschärfte und vor allem unnötig in die Länge zog. Und so kommt es bei den Griechen heute nicht gut an, wenn die Kanzlerin deren Opfern Tribut zollt und ihr Reformdurchhaltevermögen lobt.
Regierungschef Tsipras kann zwar auf deutsche Unterstützung in der Mazedonien- und der Flüchtlingsfrage bauen. Auch Merkels Lob, dass es in Griechenland eine wirtschaftliche Erholung gebe, kann er sich anheften - auch wenn viele Bürger nichts vom Aufschwung bemerken. Letztlich sind die freundlichen Worte aber wertlos, da die Kanzlerin eines nicht mitbrachte: eine investitionsbereite Wirtschaftsdelegation.
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