Fax von Rechts

Frankfurter Anwältin erhält erneut Drohungen von »NSU 2.0«

»Dir hirntoten Scheißdöner ist offensichtlich nicht bewusst, was du unseren Polizeikollegen angetan hast! Allerdings kommt es jetzt richtig dicke für dich, du Türkensau! Deiner Scheiß (Name der Tochter) reißen wir den Kopf ab (...) und der Rest eurer Dönercrew wird ebenfalls kompetent betreut werden«, zitiert die »Süddeutsche Zeitung« aus dem Drohschreiben, das die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz erhalten hat. Es ist das zweite, und wieder ist es mit »NSU 2.0« gezeichnet. Und wieder sind in dem Schreiben Informationen enthalten, die laut »SZ« wohl aus einem Polizeicomputer stammen. Nach ihrer Wohnadresse und dem Namen ihrer Tochter im ersten, nun auch die Namen ihrer Eltern und ihres Mannes.

Nach dem ersten Schreiben hatte Basay-Yildiz Anzeige erstattet. Die Ermittlungen in dem Fall führten zu einem Frankfurter Polizeirevier, wo Basay-Yildiz’ Daten abgerufen worden waren, und einer Gruppe Polizisten, die Chatnachrichten mit rechtsextremem Inhalt ausgetauscht haben sollen. Die Beamten wurden suspendiert, gegen sie laufen Ermittlungen.

Basay-Yildiz vertrat eine der Opferfamilien im Münchner NSU-Prozess. Zu ihren Mandanten zählen auch islamistische Gefährder. Gegenüber der »SZ« erklärte Basay-Yildiz, dass im NSU-Verfahren deutlich wurde, »wie viele Fehler Polizei und Verfassungsschutz gemacht haben. Deswegen habe ich es durchaus für möglich gehalten, dass sich dieses Versagen fortsetzt.« Überrascht habe sie allerdings, »dass ich ins Visier von solchen Drohungen gerate, nur deswegen, weil ich meine Arbeit als Anwältin mache«.

Für Hermann Schaus, Parlamentarischer Geschäftsführer und innenpolitischer Sprecher der hessischen Linksfraktion, ist es »alarmierend, dass offenbar Neonazis nicht davor zurückschreckten, die Anwältin erneut zu bedrohen – trotz der öffentlich bekannten strafrechtlichen Ermittlungen wegen des ersten Drohbriefs«. Er hoffe, »dass die Polizei hier intensiv ermittelt und auch die Polizisten intensiv befragt werden, die offenbar die Personaldaten aus dem Polizeicomputer herausgegeben haben«.

Scharfe Kritik übt Schaus an Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). Dieser habe »das Parlament oder zumindest die Obleute der Fraktionen« nicht über den zweiten Drohbrief informiert. »Trotz der großen politischen Brisanz.« Für Schaus eine »nicht zu überbietende Dreistigkeit«. »Offenbar hat der Innenminister immer noch nichts aus dem NSU-Untersuchungsausschuss gelernt, wo wir in vielen Sitzungen die Wichtigkeit von einer umfassenden Information des Parlaments bei allen besonderen Vorkommnissen in den Sicherheitsbehörden herausgearbeitet haben.« Beuth sei »offensichtlich weder bereit noch in der Lage, an der Informations(un)kultur seines Ministeriums etwas zu verändern. Die ist eine weitere Missachtung des Parlaments.«

Auch an höherer Stelle scheinen Lehren aus dem NSU-Komplex noch nicht angekommen zu sein. So berichtet André Hahn, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, am Montag von einer Kleinen Anfrage zum rechtsextremen »Hannibal«-Netzwerk, das laut Medienrecherchen aus Soldaten, Polizisten und Reservisten bestehen soll. »Als ich die Kanzlerin bei der Befragung Mitte Dezember 2018 im Bundestag um Antwort bat, ob sie vom Bundesamt für Verfassungsschutz über das rechte ›Hannibal‹-Netzwerk informiert wurde, konnte sie meine Frage nicht beantworten. Auf erneute schriftliche Nachfrage erklärt die Bundesregierung nun, meine Fragestellung beziehe ›sich nicht auf einen konkreten Sachverhalt‹, daher könne dazu nicht Stellung genommen werden«, so Hahn.

»Die Stellungnahme ist an Absurdität kaum zu überbieten. Wenn es das ›Hannibal‹-Netzwerk nicht gibt, ist die Presseberichterstattung falsch, und die Bundesregierung sollte das unverzüglich klarstellen.« Im umgekehrten Fall sei dringend Aufklärung erforderlich. »So aber betreibt die Bundesregierung Vogel-Strauß-Politik und will von nichts wissen. Das ist unverantwortlich«, sagte Hahn. Gerade in einem solch sensiblen Bereich wie dem der Sicherheitsbehörden dürften rechtsradikale Netzwerke nicht geduldet werden und müsse jedem diesbezüglichen Verdacht nachgegangen werden.

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