• Politik
  • Waffengesetze in Brasilien

Bolsonaro lässt das Blut fließen

Niklas Franzen ist sich sicher, dass es durch noch mehr Waffen noch mehr Tote in Brasilien geben wird

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war die Geste des Wahlkampfes: Bei kaum einer öffentlichen Veranstaltung ließ es Jair Bolsonaro aus, seine Hände zu Waffen zu formen. Die Anhänger*innen taten es ihrem Idol gleich, selbst Kleinkinder verwandelten sich in Mini-Schwarzeneggers. Es war jedoch mehr als eine Geste, es war auch eine Ankündigung. Ein zentrales Wahlversprechen von Bolsonaro war es nämlich, die Waffengesetze zu lockern, sollte er gewählt werden. Nun ist der Berufsfascho Präsident und ordnete am Dienstag als eine seiner ersten Maßnahmen die Liberalisierung an. Per Dekret, versteht sich.

Zukünftig sollen die Brasilianer*innen verstärkt selbst für ihre Sicherheit sorgen, wie Bolsonaro erklärte. Die öffentliche Sicherheit wird den Bürger*innen übertragen, kritisieren Expert*innen. Bislang unterlag Brasilien mit dem »Entwaffnungsstatut« aus dem Jahre 2003 relativ strikten Waffengesetzen. Bürger*innen des größten Staates Lateinamerikas mussten nachweisen, dass sie aus bestimmten Gründen auf den Besitz einer Schusswaffen angewiesen sind.

Mit dem neuen Dekret könnten schon bald Millionen von Brasilianer*innen in den Besitz von Waffen kommen. Die Neuregelung verbietet es zwar weiterhin, Pistolen und Gewehre in der Öffentlichkeit zu tragen. Allerdings sollen in Zukunft alle Brasilianer*innen über 25 Jahre, die keine Vorstrafen haben und psychisch gesund sind, bis zu vier Waffen erwerben und zu Hause aufbewahren können. Es sind jene Brasilianer*innen, die Bolsonaro gerne als die »guten Bürger« bezeichnet. Allerdings sind es in den vergangenen Monaten häufig ganz »normale« Familienväter gewesen, die Linke, LGBTI und Indigene angegriffen haben.

Die Logik vom Waffennarr Bolsonaro, der selbst gerne mit fetten Knarren vor Kameras herumfuchtelt, ist so einfach wie blöd: Mehr Waffen senken die Gewalt. Es ist ein tragischer Irrglauben, Gewalt mit Gewalt bekämpfen zu können. Studien zeigen, dass lockere Waffengesetze genau zum Gegenteil führen: zu mehr Morden, mehr Unfällen, mehr Suiziden. Die USA, wo man Gewehre im Supermarkt kaufen kann und die Waffenlobby NRA mächtiger ist als manches Ministerium, zählt zu den gewalttätigsten Ländern der Welt. Die Mordrate von Baltimore ist höher als die von Rio de Janeiro. Und das soll angesichts der bürgerkriegsähnlichen Zustände in der Stadt an Zuckerhut was heißen.

Was richtig ist: Brasiliens Mordrate ist in den letzten Jahr gestiegen - trotz strenger Waffengesetze. Im Jahr 2017 wurden in Brasilien fast 64.000 Menschen ermordet, so viele wie nie zuvor. Was auch richtig ist: In vielen Bundesstaaten steht die öffentliche Sicherheit kurz vor dem Kollaps. Durch die Liberalisierung wird das Morden jedoch noch weiter zunehmen. Und die Leidtragenden des jüngsten Vorstoßes werden wieder einmal die armen Schwarzen aus den Vorstädten sein. Nur eine Bekämpfung der Ungleichheit wird die Gewalt effektiv bekämpfen können.

Die Liberalisierung ist jedoch mehr als ein populistischer Schachzug, sie ist auch ein Geschenk an Bolsonaros Förderer. Die Waffenlobby unterstützte tatkräftig den Wahlkampf des Hasspredigers. Rüstungsunternehmen reiben sich nun die Hände - auch in Deutschland. Immer noch liefern deutsche Firmen Waffen in das gewaltgeplagte Land. Im März 2018 wurde die linke Stadträtin Marielle Franco mit einer Waffe von Heckler & Koch ermordet. Beim Blutvergießen in Brasilien verdient Deutschland kräftig mit.

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