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Wenn die AfD Max Weber zitiert
Bouffier bleibt hessischer Regierungschef / Holpriger Start der AfD im Wiesbadener Landtag
Die konstituierende Sitzung des 20. Hessischen Landtags und die Wiederwahl des 67-jährigen CDU-Landeschefs Volker Bouffier zum Ministerpräsidenten einer neu aufgelegten schwarz-grünen Koalition zog sich am Ende doch länger hin als erwartet. Erst kurz nach 16 Uhr und damit fünf Stunden nach Sitzungsbeginn verkündete der frisch gewählte Parlamentspräsident Boris Rhein (CDU) das Wahlergebnis. Mit 69 Ja-Stimmen genießt der alte und neue Regierungschef die Unterstützung aller Parlamentarier von CDU und Grünen. Wenig später präsentierte und vereidigte Bouffier sein neues Kabinett, in dem die einstige Öko-Partei mit vier statt bisher zwei Ministern vertreten ist.
Die Verzögerung ergab sich in erster Linie durch drei Runden bei der Wahl der sechs Vizepräsidentenposten des neuen Sechs-Parteien-Parlaments. Die Linksfraktion hatte eine geheime Wahl beantragt. Während die Bewerber von CDU, Grünen, SPD, FDP und Linkspartei mit unterschiedlich hohen Ergebnissen gleich in der ersten Runde gewählt wurden, verfehlte der AfD-Kandidat Bernd-Erich Vohl mit 27, 29 und erneut 29 Stimmen in allen drei Wahlgängen deutlich die erforderliche absolute Mehrheit von 69 Stimmen. Neben seinen eigenen Parteigängern dürften vor allem die FDP-Abgeordneten ihm ihre Stimme gegeben haben. Mit dem Einzug der AfD in den Wiesbadener Landtag ist die Rechtspartei AfD nunmehr in allen 16 deutschen Landtagen vertreten. Der von ihr gestellte Alterspräsident Rolf Kahnt bemühte sich in seiner Auftaktrede um ein moderates Image, zitierte Willy Brandt, Abraham Lincoln und Max Weber und warb für »Respekt gegenüber Andersdenkenden«.
Erst gegen Ende seiner Rede erwähnte er zaghaft das Thema Flucht und sprach von 1,2 Milliarden in Afrika lebenden Menschen. Applaus erhielt Kahnt nur von seiner eigenen Fraktion. Als dezente Form des Protests gegen den Einzug der AfD trugen die Mitglieder der neunköpfigen Linksfraktion demonstrativ Buttons mit der Aufschrift »Rassismus ist keine Alternative«. Für die AfD verlief das Debut im Landtag insgesamt holprig. So nahmen Parlamentarier und Journalisten verwundert zur Kenntnis, dass sich die auf Platz 12 der AfD-Landesliste gewählte Abgeordnete Alexandra Walter in die Anwesenheitsliste unter der Rubrik »Fraktionslos« eintrug.
Walter sei aus der Fraktion ausgeschlossen worden, berichteten regionale Medien. Ihren Platz im Plenum nahm die Fraktionslose allerdings weiter auf der Hinterbank der AfD ein. Die frisch gebackene Abgeordnete aus dem Kreis Groß-Gerau hatte nach Berichten der Regionalpresse in Posts auf ihrer Facebookseite Kriegsverbrechen der Wehrmacht im 2. Weltkrieg geleugnet und Sympathien für einen von der rechten Szene als Idol verehrten Oberscharführer der Waffen-SS bekundet. Damit steht sie offenbar der auf Biedermannimage bedachten Strategie der hessischen AfD-Führung im Wege. Von einem definitiven Ausschluss Walters wollte Alterspräsident Kahnt allerdings nicht reden. Walter sei lediglich »noch nicht in die Fraktion aufgenommen« worden und die Vorwürfe müssten geklärt werden, sagte Kahnt auf »nd«-Anfrage. »Wir halten die Tür offen, wollen heute aber nicht mit einer Hypothek antreten«, so der Parlamentarier.
Walter sitzt seit 2016 für die AfD im Kreistag von Groß-Gerau. Ihre Fraktion ist dort vor allem mit Anträgen zum Thema Flüchtlinge in Erscheinung getreten. Der Parlamentsneuling scheint von der einstweiligen Nichtaufnahme in die Fraktion kalt erwischt worden zu sein und wollte nicht fotografiert werden. Walter hastete am Freitag sichtlich nervös durch die Lobby des Parlaments und führte von ihrem Handy aus zahlreiche Telefonate.
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