Retter ziehen vor Menschenrechtsgericht

Sea-Watch kämpft in Straßburg für Hafenerlaubnis in Italien / »Angespannte Situation« an Bord

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Wie so oft in den vergangenen Monaten wird ein ziviles Rettungsschiff vor den Grenzen Europas blockiert. Die Sicherheit von 47 Schutzsuchenden an Bord der »Sea-Watch 3« steht seit anderthalb Wochen auf dem Spiel, weil sich die EU-Staaten nicht auf einen Verteilmechanismus einigen können. Die Seenotretter wollen sich jedoch nicht länger zum Spielball internationaler Politik machen lassen. Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat wegen ihres vor Sizilien liegenden Schiffes nun den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeschaltet. Das Eilverfahren wurde im Namen der Crew und eines Geretteten eröffnet, teilte die Hilfsorganisation am Montagabend mit.

»Die EU-Staaten haben unter Beweis gestellt, dass sie bereit sind, gemeinschaftlich Seerecht zu brechen«, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer gegenüber »nd«. Die Hilfsorganisation wolle nicht länger hinnehmen, dass Seenotrettung von EU-Verhandlungen abhängig gemacht und für Stimmungsmache ausgenutzt werde. Ziel der Klage sei, die Blockade durch die italienische Küstenwache aufheben zu lassen und an Land gehen zu dürfen. »Die Europäische Kommission, die Bundesregierung wie auch die anderen europäischen Länder haben gezeigt, dass sie nicht willens sind, eine nachhaltige Lösung zu erreichen«, sagte Neugebauer.

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Die EU-Kommission gab am Dienstag in Brüssel bekannt, sie werde sich bei verschiedenen Regierungen für eine Anlegeerlaubnis einsetzen. Italien rief Deutschland und die Niederlande auf, die geretteten Flüchtlinge aufzunehmen. Sie dürften in Italien an Land gehen, wenn der Staat, aus dem die Hilfsorganisation stamme, oder derjenige, unter dessen Flagge das Schiff fahre, sie aufnehme, erklärte Innenminister Matteo Salvini am Dienstag. Die Niederlande verweigern eine Aufnahme der Flüchtlinge, auch die Bundesregierung hat bislang abgelehnt.

Nach Angaben von Sea-Watch-Sprecher Neugebauer ist die Situation an Bord des Rettungsschiffes derzeit »angespannt«. Eine Person habe am Montag einen psychischen Zusammenbruch erlitten, die Altwassertanks seien überfüllt. »Viele Menschen konnten den libyschen Folterlagern entkommen, nun sind sie schon elf Tage in europäischer Geiselhaft.«

Am Montagabend fanden in mehreren deutschen Städten Solidaritätskundgebungen für die »Sea-Watch 3« statt. Nach Angaben der Bewegung Seebrücke gab es mehr als 20 Aktionen, unter anderem in Berlin, Hamburg, Duisburg und Potsdam. »Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte muss sich im Eilverfahren klar zur zivilen Seenotrettung positionieren«, forderte der LINKE-Abgeordnete Michel Brandt am Dienstag. »Die Menschenrechte sind verbindlich, auch wenn sie auf dem Mittelmeer von allen EU-Staaten gebrochen werden.«

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