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Trainerpoker im Skispringen
Der Deutsche Skiverband will Polens Chefcoach abwerben. Doch im Nachbarland wird dem Erfolgsgaranten Stefan Horngacher viel Geld fürs Bleiben angeboten.
Im Skispringen geht es momentan zu wie im Fußball. Es ist ein Bieterwettstreit um den polnischen Cheftrainer Stefan Horngacher entbrannt, der in Deutschland die Nachfolge des scheidenden Bundestrainers Werner Schuster antreten soll. Natürlich wird das auch bei den anstehenden Weltmeisterschaften in Österreich ab Mitte kommender Woche ein Thema sein, auch wenn der im Deutschen Skiverband (DSV) für die Trainersuche zuständige Horst Hüttel genau das gern vermieden hätte: »Wir haben die WM vor der Brust, da muss der Fokus bei allen hoch bleiben und die Cheftrainer müssen sich auf ihre Jobs konzentrieren. Deshalb wird das bis 4. März sicher kein vordringliches Thema sein.«
Im Hintergrund wird es aber mit Sicherheit heiß diskutiert werden, schließlich treffen Horngacher und Schuster bei der WM mit ihren aktuellen Springern direkt aufeinander. Bei den Deutschen läuft es derzeit nicht rund: Olympiasieger Andreas Wellinger und Richard Freitag fehlt jeweils ein gutes Stück zur Bestform, Karl Geiger und Stephan Leyhe sind auch kaum Kandidaten für Podestplätze. Lediglich Markus Eisenbichler macht für die WM Hoffnung auf Einzelmedaillen.
Ganz anders stehen die Polen da: Olympiasieger und Weltmeister Kamil Stoch hat die letzten beiden Weltcups vor der WM-Generalprobe an diesem Wochenende in Willingen gewonnen, auch Piotr Zyla und Dawid Kubacki sind jederzeit Kandidaten für Sprünge aufs Siegerpodest. Ihre starke Form haben die drei vor allem ihrem Cheftrainer Horngacher zu verdanken. Seit der Österreicher 2016 von seinem Posten als Co-Trainer von Werner Schuster im Deutschen Skiverband (DSV) ins Nachbarland wechselte, geht es dort steil bergauf. Kamil Stoch sorgt regelmäßig für große Erfolge, doch das polnische Skispringen ist auch in der Breite besser geworden.
Umso größer ist nun die Aufregung über die mögliche Rückkehr des Goldschmieds Horngacher nach Deutschland. Skispringen ist in Polen mindestens genauso wichtig wie Fußball und Horngacher ein Heilsbringer wie Jürgen Klopp beim FC Liverpool. Kein Wunder also, dass Polens Skisprunglegende Adam Malysz als Sportchef des Verbandes seinem Cheftrainer nun eine satte Gehaltserhöhung in Aussicht stellt, sollte er in Polen bleiben: »Was Stefan will, geben wir ihm.«
Horngacher scheint davon allerdings wenig beeindruckt. Genau wie er vor drei Jahren unbedingt die Chance auf eine persönliche Weiterentwicklung als Chef in Polen ergreifen wollte, so drängt es ihn jetzt zurück nach Deutschland. Deswegen hat er auch immer nur Einjahresverträge mit Polens Skiverband unterschrieben und einen lukrativen Vierjahreskontrakt bis Olympia 2022 ausgeschlagen.
»Mein Wunsch war es immer, zum DSV zurückzukehren. Es wäre eine große Ehre, wieder dort zu arbeiten«, hat Horngacher kürzlich gesagt. Die Sehnsucht nach einer Rückkehr hat auch damit zu tun, dass seine Frau Nicole und die beiden Kinder im Schwarzwald wohnen. Und als deutscher Cheftrainer könnte er wohl ähnlich viel Geld wie in Polen kassieren. »Natürlich spielen die Finanzen eine Rolle - ein Mann wie Stefan Horngacher hat seinen Preis. Das ist im Fußball auch so. Aber wie ich ihn kenne, wird Geld nicht den Ausschlag geben«, vermutet Horst Hüttel.
Er ist im DSV sportlicher Leiter für die Bereiche Skispringen und Nordische Kombination und führt die Verhandlungen über die Nachfolge des Erfolgstrainers Schuster. Horngacher soll nicht der einzige Kandidat sein. Der aktuelle B-Kader-Trainer Bernhard Metzler, der Eisenbichler und Freitag in die Weltspitze geführt hat, steht wohl auch auf der Liste. Aber die Wunschlösung ist der »Stef’«, wie Horngacher in der Szene genannt wird. »Für ihn spricht, dass er das System kennt und es wenig Reibungsverluste gäbe«, so Hüttel. »Aber es geht nicht nur darum, wer Bundestrainer wird. Wir brauchen keine One-Man-Show, wir brauchen eine funktionierende Gesamtkonstellation. Natürlich mit einem guten Käpt’n und da könnte Stef’ zweifellos eine gute Option sein.«
Horngacher will erst nach der WM in Seefeld richtig verhandeln. Die Gespräche könnten bis April andauern. Schließlich arbeitet Hüttel an einem Konzept, zu dem auch Schuster und als Überraschungscoup noch Martin Schmitt gehören könnten. Schuster, der nach elf Jahren als Bundestrainer nun mehr Zeit für seine Familie haben will, könnte eine Funktion in der neu aufzubauenden DSV-Akademie oder im inhaltlich-konzeptionellen Bereich übernehmen. Er hat aber auch das Angebot, in seiner Heimat Österreich als Chef der Talentschmiede in Stams oder einer anderen Funktion anzufangen. Hüttel arbeitet »massiv daran, dass er bei uns bleibt. Wenn er sich heute dafür entscheidet, hat er morgen den Vertrag auf dem Tisch.«
Ein weiteres Puzzleteil könnte Martin Schmitt sein. »Wir sind mit ihm in Gesprächen, aber nicht für die Funktion des Bundestrainers«, bestätigt Horst Hüttel. Schmitt selbst glaubt, dass man sich einigen werde - allerdings noch nicht auf die Trainerposition irgendeiner DSV-Mannschaft. Mittelfristig wird der ehemalige Überflieger, der den Trainerschein als einer der Lehrgangsbesten abgelegt hat, aber ganz sicher auch mal ein Kandidat für den Chefposten.
Bis dahin rechnet die Szene mit Stefan Horngacher. Die Parallelen zu Schuster sind frappierend: Beide sind Österreicher, 49 Jahre alt (Horngacher ist nur 16 Tage jünger), haben eine Familie mit zwei Kindern und gelten neben ihrem großen trainingsmethodischen Wissen auch als starke Psychologen. Es gibt aber auch einige Unterschiede: Schuster ist geschliffener im Umgang mit den Medien. Horngacher hat dagegen als Trainer seit seinem Amtsantritt in Polen mit Kamil Stoch zweimal die Vierschanzentournee gewonnen. Genau jener begehrte Titel, der den Fliegern von Werner Schuster in der elfjährigen Ära immer verwehrt geblieben ist.
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