»Jamaika« hat Problem mit Cannabis

Der schleswig-holsteinische Landtag streitet um die Drogenpolitik

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Landtag von Schleswig-Holstein stand am Freitag der Umgang mit Drogen auf der Tagesordnung. Ein Antrag vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) brachte den »Jamaika«-Dissens zu diesem Thema ans Tageslicht. Der parlamentarische Vorstoß der die dänische Minderheit vertretenden Partei, einen Modellversuch zur kontrollierten Cannabis-Ausgabe auf den Weg zu bringen, fand zwar die Sympathie von Grünen und FDP, stieß jedoch bei der CDU auf Ablehnung.

Im Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien ist dazu ein Prüfverfahren als Arbeitsauftrag vermerkt. CDU-Fraktionschef Tobias Koch sagte, dass man dem problemlos zustimmen konnte, weil man weiß, dass solch ein von den Koalitionspartnern befürwortetes Modell nur über eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes machbar wäre. Das aber unterliegt der Bundeshoheit. Eine Bundesratsinitiative aus dem Jahr 2017 von Thüringen und Bremen, die eine Länderöffnungsklausel herbeiführen möchten, dümpelt vor sich hin. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der derzeit den Vorsitz im Bundesrat hat, wird mit Sicherheit die Füße still halten.

Immerhin hat sich inzwischen die Haltung der Nord-SPD dazu verändert. Offenbar aufgerüttelt durch Appelle von Strafrechtsexperten und vom Bund Deutscher Kriminalbeamter, aber auch ermutigt durch Erfahrungsberichte etwa aus Portugal sprechen sich die Sozialdemokraten für eine Entkriminalisierung aus, auch um die Beschaffungskriminalität einzudämmen. In der vorigen Kieler Regierung von SPD, Grünen und SSW war es nämlich die Partei von SPD-Landeschef Ralf Stegner, die eine Offensive in Sachen Cannabis-Abgabe blockiert hatte. Dabei hatten die Genossen im Norden in der Frage schon mal die Nase weit vorn. Die damalige Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD) wollte 1996 eine kontrollierte Cannabis-Freigabe für fünf Jahre erproben, wurde aber von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) nach öffentlicher Stimmungsmache und Empörung zurückgepfiffen. Seither tobt der Konflikt a la Stefan Raab »Gebt das Hanf frei« versus Helge Schneider »Marihuana ist nicht gut«.

Immerhin hat der SSW in die wieder angestoßene Debatte einen neuen Aspekt eingebracht. Nach Auffassung des Landeschefs und Landtagsabgeordneten Flemming Meyer ließe sich auch aus gesundheitlicher Sicht über eine Erlaubnis durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte solch ein Modell- oder Pilotprojekt ermöglichen. Schließlich werde die Hanf-Droge aus medizinischen Gründen bundesweit rund 15 000 Patienten per Rezept über Apotheken verabreicht.

Während die CDU Cannabis als Einstiegsdroge tituliert und zur Mutter aller Suchtgefahren erklärt, halten die Grünen dagegen, dass diese Argumentation der Realität nicht standhalte. Die eigentlichen Einstiegsdrogen seien Tabak und Alkohol, so ihr Abgeordneter Burkhard Peters. Die FDP erinnerte die CDU an mögliche Bigotterie, denn die Christdemokraten seien beim Thema Spielsucht gegen eine Kriminalisierungs- und Verbotsstrategie etwa beim Online-Glücksspiel.

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