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Nachspiel in Mannheim
Der SV Waldhof will ein richtungweisendes Urteil erstreiten – gegen den DFB und dessen Sportgerichtsbarkeit
Für den SV Waldhof Mannheim geht es an diesem Mittwoch um drei Punkte - und auch um die sehr viel größere Hoffnung, den langersehnten Aufstieg in die 3. Liga verwirklichen zu können, die Rückkehr in den Profifußball. Dreimal hintereinander scheiterten die Mannheimer zuletzt in den Aufstiegs-Playoffs der Regionalligisten und stellten damit einen unrühmlichen Rekord auf.
Beim letzten Anlauf am 27. Mai 2018 eskalierten zehn Minuten vor Ende des Rückspiels Frust, Enttäuschung und Wut in einem Spielabbruch - als sicher schien, dass die Waldhöfer gegen den KFC Uerdingen erneut scheitern sollten. Etwa 25 Personen schossen minutenlang Feuerwerkskörper auf den Rasen, was der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zum Anlass nahm, die Mannheimer mit einem Abzug von drei Punkten in der laufenden Spielzeit zu bestrafen.
Der Verband hielt das Strafmaß über zwei sportrechtliche Instanzen aufrecht, ehe der Klub, der trotz des aktuell geltenden Punktabzugs an der Tabellenspitze der Regionalliga Südwest steht, den Gang vor ein Zivilgericht beschritt. Und deshalb geht es an diesem Mittwoch nicht nur um einen Punktabzug für einen Viertligisten, sondern auch um die Sportgerichtsbarkeit des größten Fußballverbandes der Welt. Das ist der Grund, warum nicht nur die Mannheimer gespannt auf den Verhandlungsverlauf blicken, sondern auch viele Vereinsvertreter deutschlandweit - und natürlich die Spitze des DFB.
Auf der Website des Verbandes heißt es: »Rechtliche Grundlage der Sportgerichtsbarkeit ist das Grundgesetz selbst. Dort ist in Art. 9 Abs. 1 GG die Vereinsautonomie verankert.« Wenn das Landgericht in Frankfurt am Main jetzt für den SV Waldhof entscheidet und das Urteil des DFB-Sport- und Bundesgerichts für ungültig erklärt, müsste der DFB seine eigene und seit vielen Jahren gültige Rechtsprechung überprüfen. Es steht für den Verband deshalb mehr auf dem Spiel als das Strafmaß gegen einen rebellierenden Viertligisten, der ohnehin einen schlechten Leumund genießt. Gerüchte, nach denen sich die DFB-Spitze beraten hat, einen Vergleich mit den Mannheimern anzustreben, erhalten dadurch neue Nahrung.
»Wir sind sehr optimistisch«, sagt Markus Kompp mit Blick auf die Verhandlung am Mittwoch in der Mainmetropole. Der Geschäftsführer des SV Waldhof Mannheim glaubt an eine realistische Chance, die Bestrafung durch den DFB rückgängig machen zu können, die sich in der Begründung auf einen »schuldhaft herbeigeführt« Spielabbruch durch den Verein stützte. Fehlende oder schlechte Sicherheitsmaßnahmen wurden dem Klub vorgeworfen, doch in der Revision geht es den Mannheimer gar nicht um die Urteilsbegründung, sondern die Grundlage der Rechtsprechung innerhalb der Sportgerichtsbarkeit. Und genau darin liegt der Zündstoff für den DFB.
»Wir sehen an mehreren Punkten die Möglichkeit, unsere Rechtsauffassung durchsetzen zu können«, erklärt Kompp vor dem Gang zum Zivilgericht. Die Waldhöfer sind überzeugt davon, mehrere Verfahrensfehler gegen den DFB geltend machen zu können. Auf dem ursprünglichen Strafantrag habe beispielsweise bereits eine dringend notwendige Unterschrift gefehlt. Außerdem sei ein Punktabzug nach einem Spielabbruch in den Regularien des Verbandes nicht klar definiert worden, so dass eine willkürliche und deshalb unrechtmäßige Bestrafung erfolgt sei.
»Der DFB hängt bei uns ziemlich am Haken, weil er nach derzeitigem Stand eine krachende Niederlage erleiden wird«, sagte SVW-Anwalt Johannes Zindel dem »Mannheimer Morgen« vor ein paar Tagen und verdeutlichte damit die Überzeugung des Vereins, dem Verband einen schmerzhaften Rückschlag vor einem Zivilgericht zufügen zu können. Für Zindel ist klar, dass die Richter des Zivilgerichtes das Urteil des Sportgerichtes für ungültig erklären werden. Wenn der renommierte Jurist mit seiner Einschätzung richtig liegt, bekommen die Mannheimer drei Punkte zurück - und der DFB ein grundlegendes Problem.
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