Kein Bio-Logo für Fleisch aus ritueller Schlachtung

Tötung ohne Betäubung entspreche nicht dem höchsten Tierschutzniveau / Zentralrat der Juden kritisiert Urteil des Europäischen Gerichtshofs

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Brüssel. Fleisch aus ritueller Schlachtung ohne Betäubung darf nicht als Biofleisch angeboten werden. Denn die Biokennzeichnung stehe für den größtmöglichen Tierschutzstandard, der bei dieser Praxis nicht gegeben sei, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg. Das Urteil zu dem Fall aus Frankreich ist EU-weit gültig. Scharfe Kritik kam vom Zentralrat der Juden in Deutschland.

Die Tierschutzorganisation »Hilfswerk für Schlachttiere« hatte in Frankreich eine Klage angestrengt, wie der EuGH erläuterte. Die Organisation wandte sich gegen die Werbung und Kennzeichnung von als »halal« zertifizierten Hacksteaks als Biofleisch. »Halal« heißt so viel wie »rein« oder »erlaubt« und bezieht sich auf islamische Regeln. Juden sprechen in ähnlicher Weise von »koscher«. Das EU-Urteil bezog sich auf die rituelle Schlachtung von Tieren ohne Betäubung generell.

Die Luxemburger Richter stellten fest, dass die europäischen Gesetze zu Bioprodukten und zur Schlachtung von Tieren auf ein hohes Tierschutzniveau abzielten. Sie führten dabei auch die Erwartungen der Verbraucher als Argument an. Bei einer rituellen Schlachtung ohne Betäubung sei nun zwar ein präziser Halsschnitt mit einem scharfen Messer erforderlich, damit das Tier nicht so lange leiden muss. Die Methode könne das Tierleid aber nicht so stark mildern wie eine Betäubung und entspreche daher nicht dem höchsten Standard, erklärte der EuGH. Die rituelle Schlachtung sei im Übrigen nur ausnahmsweise aufgrund der Religionsfreiheit erlaubt.

In dem konkreten Fall folgte der Gerichtshof im Gegensatz zu den meisten Verfahren in Luxemburg nicht dem Vorschlag des EuGH-Generalanwalts. Der zuständige Experte hatte sich im September dafür ausgesprochen, dass das Bio-Siegel auch für Fleisch von rituell ohne vorherige Betäubung geschlachteten Tieren vergeben werden kann.

Über den konkreten Rechtsstreit um die als Bio-Fleisch gekennzeichneten Halal-Hacksteaks muss jetzt das französische Verwaltungsgericht in Versailles entscheiden, das den Fall dem EuGH vorgelegt hatte. Der Gerichtshof entscheidet nicht in nationalen Verfahren. Allerdings machen die Luxemburger Richter mit ihren Entscheidungen Vorgaben, die auch andere Gerichte in der EU binden.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland widersprach dem EuGH. Das Urteil sei »ein Schlag ins Gesicht für die jüdische Gemeinschaft und zeugt von einer großen Unkenntnis über das religiöse Schlachten«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Religiöse Schlachtung und ökologische Tierhaltung oder Produktion schlössen sich keineswegs aus, die Bio-Zertifizierung hänge vielmehr von artgerechter Tierhaltung und -transport sowie der Fütterung ab. »Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen, dass die Schechita schmerzhaft sei«, betonte Schuster.

Nach Angaben des Zentralrats führt die koschere Schächtung ein ausgebildeter Schlachter mit einem chirurgisch scharfen Messer durch. Dabei durchtrenne er mit einem einzigen Schnitt Luft- und Speiseröhre sowie Blutgefäße des Tieres, was zu einem dramatischen Abfall der Hirndurchblutung und der Sauerstoffversorgung führe. »Das Tier verliert das Bewusstsein innerhalb weniger Sekunden und damit seine Schmerzempfindlichkeit.« Die gängigen Betäubungsmethoden wie Bolzenschuss- und Elektrobetäubung könnten dagegen durchaus ein Leiden des Tieres verursachen, hieß es weiter. Nach Kenntnis des Zentralrats wird in Deutschland allerdings überhaupt nicht koscher geschächtet. Agenturen/nd

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