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Einsam in München
Der FC Bayern stößt in der Champions League gegen Liverpool an seine Grenzen
Zu erkennen war zwischen tief sitzendem Basecap, Brille, Vollbart und hochgezogenem Tuch nur ein Strahlen, immer wieder. Zwischendurch schwärmte Jürgen Klopp - von seiner »starken Mannschaft«, einem »beeindruckenden Sieg« und einer »großen Nacht«. Viel hatte der Trainer des FC Liverpool am Mittwoch nicht mehr vor, es war ja auch schon fast Mitternacht in München. Eilig hatte er es trotzdem. »Es geht ja Schlag auf Schlag.« Mit reichlich Adrenalin, großem Optimismus und viel Vorfreude dachte er nach dem 3:1-Sieg beim FC Bayern schon an die kommenden Aufgaben.
»Wir sind zurück«, sagte Klopp und verabschiedete sich sogleich. Was bedeutet das im Umkehrschluss für die Münchner? Nichts Gutes. Zumindest dann, wenn auch hier das Bild des Trainers gezeichnet wird. Fahl, mit leerem Blick und wortkarg schleppte sich Niko Kovac durch den Medienmarathon. Der Kontrast zu Klopp hätte noch dramatischer aufscheinen können, aber in der Champions League halten die Trainer das Pressegespräch einzeln ab. Umso einsamer wirkte Kovac, als er von einem »verdienten Weiterkommen« des Gegners und den Grenzen seiner Mannschaft sprach.
Harmlose Offensive aus München
Es war ein Aufeinandertreffen zweier Teams, die sich in den vergangenen Wochen gegensätzlich entwickelt haben. Der FC Liverpool verspielte in der Premier League einen Vorsprung von sieben Punkten auf Manchester City und ist mit einem Zähler weniger jetzt Zweiter. Der FC Bayern holte neun Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund auf und thront an der Tabellenspitze. Im Viertelfinale der Champions League stehen nach dem torlosen Remis im Hinspiel jetzt aber die Fußballer aus Liverpool.
Gründe, warum der FC Bayern an der ersten wirklich großen Herausforderung nach seiner großen Krise gescheitert ist, gibt es viele. Die größte Schwäche der Münchner offenbarte sich spät. Nachdem Virgil van Dijk in der 69. Minute das 2:1 für Liverpool per Kopf erzielt hatte, mussten die Gastgeber reagieren. Sie brauchten jetzt zwei Tore fürs Weiterkommen. Doch es kam nichts. In den gesamten 90 Minuten brachten die Münchner nur einen einzigen Ball aufs gegnerische Tor. Selbst der zwischenzeitliche Ausgleich nach 39 Minuten war ein Eigentor von Joel Matip.
Die Offensivbemühungen blieben harmlos, weil Ideen, Schnelligkeit, Kraft und Konzept fehlten. Hinzu kam aber noch, dass durch die größere Risikobereitschaft das lange Zeit funktionierende Defensivkonstrukt in sich zusammenfiel. Plötzlich hatte Liverpool Chance um Chance. Sadio Mane, der in der 26. Minute schon das 1:0 erzielt hatte, traf sechs Minuten vor Schluss noch zum Endstand.
Liverpool eine Klasse besser
Natürlich ist der FC Bayern auch an der Klasse des Gegners gescheitert. »Wir mussten Bayern beeindrucken, das haben wir getan«, sagte Jürgen Klopp. Ganz ohne Spektakel, mit defensiver Disziplin und seinem hochgelobten Offensivtrio. Die Qualität von Mane, Mohamed Salah und Roberto Firmino zeigte sich vornehmlich in der Effizienz bei ihren Aktionen. Beeindruckt war Kovac schon vor den beiden Duellen mit Liverpool und setzte auf mehr Sicherheit und weniger Mut. Man muss schon lange zurückdenken, um auf einen FC Bayern zu stoßen, dessen Taktik der Gegner bestimmt.
Das führt direkt zur Diskussion um den Kader. Versäumnisse und Verfehlungen der Vereinsführung auf dem Transfermarkt versuchte Präsident Uli Hoeneß mit Menschlichkeit zu erklären. Um die Seelen von Altstars wie Franck Ribery oder Arjen Robben zu streicheln, »riskiere ich auch die Meisterschaft«. Klingt eher nach Abteilung Humor statt Attacke. Zugleich prahlte er, wen der FC Bayern für die kommende Saison angeblich schon alles habe. Sicher jedenfalls ist, dass Niko Kovac eine in sich überspielte Mannschaft übernommen hat - gemessen an Zielen und Ansprüchen des Vereins. Javi Martinez mag immer noch zweikampfstark sein, ist aber viel zu langsam und gibt kaum spielerische Impulse. Trotzdem besetzte er gegen Liverpool die Mittelfeldzentrale. Robert Lewandowski konnte erneut die Kritiker nicht widerlegen, die ihm Wirkungslosigkeit in entscheidenden Spielen vorwerfen. James Rodriguez wird seinem Ruf als Weltstar wohl nie im Bayern-Trikot gerecht.
Diese Aufzählung ließe sich problemlos verlängern. Aber irgendwie passt solch eine Generalkritik gerade nicht zum derzeitigen Bayern-Gefühl. Nicht nach dieser bislang so schwierigen Saison. Dazu gehört natürlich auch die irrwitzige Grundgesetz-Pressekonferenz von Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, für die sich selbst viele Münchner Fans geschämt haben. Dazu gehören die in dieser Form lange nicht mehr erlebten sportlichen Enttäuschungen. Und so sangen schon in Erwartung einer Niederlage gegen Liverpool ein paar Anhänger vor dem Stadion lieber schlecht über Borussia Dortmund. Und nach dem Abpfiff feierte die Südkurve die Mannschaft: »Deutscher Meister wird nur der FCB.« Gut möglich. Und dann wäre doch alles wie immer - 18 Teams spielen um den Titel, am Ende gewinnt der FC Bayern.
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