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Eckpunkte kolonialer Aufarbeitung
Bund, Länder und Kommunen einigen sich auf einen gemeinsamen Umgang mit Sammlungsgütern
»Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte als Teil unserer gemeinsamen gesellschaftlichen Erinnerungskultur gehört zum demokratischen Grundkonsens in Deutschland.« Auf diese Erklärung konnten sich am Dienstag die Staatsministerinnen Monika Grütters (CDU) und Michelle Müntefering (SPD) mit den Kulturminister*innen der Länder und den kommunalen Spitzenverbänden einigen.
Darin wurden nun erste gemeinsame Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten formuliert. Die Bundesregierung war durch den Bericht von Felwine Sarr und Bénédicte Savoy vom November 2018 an die französische Regierung unter Zugzwang geraten. Darin plädierten die Wissenschaftler*innen etwa für die umfassende Digitalisierung musealer Bestände sowie eine Umkehr der Beweislast. Das würde bedeuten, bei Gegenständen, die im Kontext des kolonialen Unrechtssystems angeeignet wurden, zunächst von einem unrechtmäßigem Erwerb auszugehen. Zudem sprachen sie sich für Gesetzesänderungen aus, um Restitutionen zu ermöglichen.
In dem vorgelegten Papier bekennt man sich nun zu der Notwendigkeit, »entsprechendes Sammlungsgut (...) zu dokumentieren und zu veröffentlichen.« Institutionen, die Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten aufbewahren, werden aufgefordert, ihre Bestände zu erforschen. Damit soll die Rückführung von unrechtmäßig oder unethisch angeeigneten Gütern ermöglicht werden. Eine besondere Priorität wird dabei geraubten menschlichen Überresten eingeräumt. Falls sich rechtlicher Handlungsbedarf ergeben sollte, solle dem nachgekommen werden, um Rückgaben zu ermöglichen. Jedoch müsse die Aufarbeitung kolonialer Sammlungen klar von NS-Raubkunst getrennt werden. Ein weiterer zentraler Punkt der Veröffentlichung ist die Einbeziehung von Menschen aus den Herkunftsgesellschaften. »Wir sind dialogfähig und konstruktiv« - das soll nach Michelle Müntefering unterstrichen werden.
Im Gegensatz zu dem Bericht von Sarr und Savoy, in dessen Entstehungsprozess zahlreiche Partner*innen aus afrikanischen Staaten eingebunden waren, ist das vorliegende Papier Ergebnis von Verhandlungen allein deutscher Akteur*innen. Man behält sich seitens der deutschen Institutionen vor zu entscheiden, was als »entsprechende« Sammlung gilt.
Der Sprecher des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Berlin Postkolonial Mnyaka Sururu Mboro hält den Ausschluss der Schwarzen Communitys für problematisch: »Solange wir nicht selbst für uns sprechen dürfen, werden sie leugnen, dass der Kolonialismus ein Verbrechen war.« Damit kritisiert er auch, dass entgegen erster Entwürfe der Eckpunkte, Kolonialismus nun nicht als »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« und als Unrechtssystem gewertet wird. Wie schon im Koalitionsvertrag spricht man stattdessen von »während der Zeit des Kolonialismus geschehenem Unrecht«. Damit entziehe man sich der Verbindlichkeit, so Christian Kopp von Berlin Postkolonial.
Dies ist wohl auch der breiten parteiübergreifenden Zusammenarbeit geschuldet. Die Länder Berlin, Hamburg, Thüringen, Brandenburg und Bremen etwa halten an weitergehenden Positionen fest, in denen sie Kolonialismus als »System von Herrschafts-, Gewalt- und Ausbeutungsverhältnissen« begreifen, deren nachhaltige Spuren bis heute wirken.
Der Kulturrat bemängelt zudem, dass die Kirchen in den Eckpunkten nicht adressiert würden. Diese waren durch ihre Missionstätigkeit in die Kolonialgeschichte verstrickt und müssten, laut Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann, ebenfalls in die Diskussion einbezogen werden.
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