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Eine Pleite zum Einstand
Schalke stürzt durch das 0:1 gegen Leipzig bei Huub Stevens Rückkehr auf Platz 15 ab
Für Sonntag war beim Ehepaar Stevens in Eindhoven eigentlich der Abflug zu einer kleinen Urlaubsreise geplant. Nach Mallorca sollte es gehen, doch weil Huub Stevens beim FC Schalke seit drei Tagen den potenziellen Retter gibt, muss sich die Gemahlin mit dem Trip in den Süden etwas gedulden. Bis zum 18. Mai, dem letzten Bundesligaspieltag, geht das aktuelle Engagement ihres Mannes beim mächtig schlingernden Revierklub. Sollten die Königsblauen das Pokalfinale in Berlin erreichen, noch eine Woche länger. Mallorca jedenfalls ist erst mal gestrichen. »Dafür kriege ich jetzt viele Komplimente zu Hause«, scherzte Stevens grimmig.
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Bei diesem Satz stand der 65-Jährige vor dem Spielertunnel im Tiefgeschoss der Schalker Arena. Das 0:1 gegen RB Leipzig zum Wiedereinstieg war gerade eine Stunde alt, und der Interimscoach trat auf, wie man ihn kennt: in Turnschuhen, Trainingsanzug und knurrig-fröhlicher Stimmung. Das völlig verunsicherte Team der Gelsenkirchener hatte er vier Tage nach dem 0:7-Desaster in der Champions League bei Manchester City immerhin so weit stabilisiert, dass der Klub und das hypernervöse Schalker Publikum keinen weiteren sportlichen Zusammenbruch erlebten. Die vierte Ligapleite in Folge kassierte Schalke trotzdem, rutschte hinter Augsburg auf Rang 15 und ist nur noch drei Punkte von Stuttgart und dem Relegationsplatz entfernt.
»Das ist der schwierigste Job, den ich als Trainer bisher hatte. Ich denke, wir werden bis zum Saisonende im Abstiegskampf stecken«, beschrieb Stevens die enorm komplizierte Situation der Schalker, die ihn Ende letzter Woche nach der Beurlaubung von Übungsleiter Domenico Tedesco mit ihrer Bitte um Notfallhilfe überrumpelten.
»Ich hätte lieber nicht hier gestanden, um eine Mannschaft zu trainieren, die ich noch gar nicht kenne«, erklärte der Niederländer kurz vor Anpfiff. Mit der ersten Niederlage in seiner dritten Schalker Schleife auf dem Buckel empörte er sich später dann fast: »Ich steige hier in eine Sache ein, die ich gar nicht nötig habe. Ich mache das aus Liebe zum Verein.«
Ein Verein, der zudem vor einiger Zeit für Freitag dummerweise ein Testspiel beim FC Sevilla vereinbart hat. Stevens bekommt so immerhin doch seine Spanienreise. Auf diese Variante hätte er aber liebend gerne verzichtet. »Ich bin nicht so glücklich über das Spiel«, bekannte er. Statt des Trips nach Andalusien, mit Hinflug am Donnerstag und Rückreise in der Nacht auf Samstag, hätte Stevens mit der ihm noch so wenig vertrauten Mannschaft lieber ein paar Mal öfter trainiert. Doch weil er dem Team neben seiner pragmatischen Art auch wieder frische Zuversicht injizieren soll, nimmt er die Partie in Sevilla von der positiven Seite und sagt: »Ich hoffe, dass ein zuletzt verletzter Spieler wie Omar Mascarell dort zumindest einen Teil der Partie mitspielen kann. Dann haben wir wieder mehr Alternativen.«
Jüngste atmosphärische Verwerfungen glättete der frühere Innenverteidiger umgehend, indem er die kürzlich suspendierten Akteure Mark Uth und Amine Harit begnadigte. Harit zog sich beim Abschlusstraining vor dem Leipziger Spiel in letzter Minute allerdings einen Bänderriss zu und fällt einige Wochen aus. »Das ist schade«, findet Stevens, der Uth direkt in die Startelf beorderte - ebenso wie Sebastian Rudy, der unter Tedesco zuletzt auch keinen leichten Stand mehr hatte.
Gegen Leipzig erzielte Uth nach 88 Sekunden - nach Pass von Rudy - prompt einen Treffer, jedoch aus Abseitsposition. »Das musst du erst mal verkraften«, klagte Stevens. »Genauso wie das Gegentor, wo den Leipzigern der Ball einfach vor die Füße fällt.« In dem Fall vor den rechten Fuß von Nationalstürmer Timo Werner, der den Sachsen so den fünften Auswärtssieg in Folge bescherte - während sich Schalke das vierte Heimspiel in Serie ohne eigenen Treffer leistete.
Beides bedeutete Vereinsrekord - einmal auf der Positiv-, einmal auf der Negativskala. Oder wie Schalkes Keeper Alexander Nübel den entscheidenden Moment des Nachmittags beschrieb: »In der Situation fehlt uns das Glück, uns als Mannschaft generell.« Die Folge: »Jetzt haben wir erst mal wieder drei Tage Scheißlaune.«
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