Sächsische Verhältnisse?

Claudia Krieg über die Ermittlungen zu rechter Gewalt

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Satz des Tages zum Fall des Brandanschlags auf Ferat Kocak gebührt Innensenator Andreas Geisel (SPD). »Politisch kann ich keine Ermittlungserfolge erzwingen.« Geisels Antwort auf die Frage von Anne Helm, Sprecherin für Strategien gegen Rechts der Linksfraktion, was der Senat zu tun gedenke, um den fortlaufenden rechten Anschlägen Einhalt zu gebieten, blieb dünn. Erneut hatte es am vergangenen Wochenende in Berlin-Neukölln rechte Hass-Schmierereien und Drohungen in der Nähe von Wohnungen von Menschen gegeben, die sich gegen rechts engagieren. Anne Helm fragte, warum noch immer keine Schutzmaßnahmen ergriffen worden seien. Ja, warum nicht?

Ist man sich etwa nicht einmal in der Senatsinnenverwaltung noch sicher, wer im Fall einer solchen Maßnahme vor der Tür von Betroffenen rechter Gewalt stünde? Oder andersherum: Wollte man als engagierter Mensch überhaupt Polizeischutz, wenn man die tiefen Verbindungen von Polizeibeamten und rechten Netzwerken kennt? Diese sind in zahllosen und nicht abreißenden Recherchen und Expertenstudien belegt.

Geisels Rückzug auf abzuwartende Ermittlungsergebnisse und ermittlungstaktische Erwägungen ist vielleicht eine Absage an Spekulationen. Er ist ganz sicher ein erneuter Schlag ins Gesicht von Betroffenen rechter Gewalt. Er ignoriert die Dokumentationen von Opferberatungsstellen, in denen sich die Aussage von Menschen, die rassistische Gewalt erleben, häuft, sie wüssten bei einem Polizeiruf doch gar nicht mehr, ob Freund oder Feind käme und verzichteten daher lieber darauf. Er entlarvt keine rechten Gewalttäter und nicht die, die sie auf Seiten der Behörden schützen.

Ob es sich bei längst Bekanntem überhaupt noch um »Ermittlungserfolge« handeln kann, dahingestellt. Vielmehr frage ich mich: Wenn man politisch gegen rechts nichts erzwingen kann, wie denn dann überhaupt noch? Es geht um Menschenleben und darum, ob in Berlins Behörden sächsische Verhältnisse herrschen. Das sollte Andreas Geisel klar sein.

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