Umweltverbände fordern Kohleausstieg vor 2038

Bis 2022 sollen Kohlekraftwerke in Neurath und Niederaußem abgeschaltet werden, bis 2025 das in Jänschwalde

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Berlin. Die Umweltverbände in Deutschland fordern einen Kohleausstieg deutlich vor 2038. Der Kohlekompromiss sei klimapolitisch so schwach, dass er breche, falls die Bundesregierung noch dahinter zurückbleibe, warnten die Verbände am Mittwoch in Berlin. Der verhandelte Kompromiss müsse ohne weitere klimapolitische Abstriche in ein Kohleausstiegsgesetz übersetzt und bis zum Sommer verabschiedet werden.

Dabei müssten die empfohlenen Revisionszeitpunkte genutzt werden, um den Kohleausstieg zu beschleunigen, fordern BUND, Nabu, Greenpeace, Deutscher Naturschutzring, die Naturfreunde Deutschlands, WWF, Germanwatch und Client Earth in einer gemeinsamen Erklärung. Das bedeute, dass der Ausstiegszeitpunkt deutlich vor 2038 liegen müsse.

So sollten bis 2022 an den Standorten Neurath und Niederaußem in Nordrhein-Westfalen zusätzlich zur Referenzentwicklung im Rheinischen Revier drei Gigawatt Braunkohlekapazität abgeschaltet werden. Zudem müsse das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg bis 2025 vom Netz gehen. So könnten neben dem Hambacher Wald auch ganze Dörfer vor der Zerstörung für Tagebaue verschont bleiben.

Der Bundesregierung werfen sie vor, durch Zögern und Zaudern die Vorreiterrolle Deutschlands beim Klimaschutz eingebüßt zu haben. Deutschland habe sich zuletzt innerhalb der EU stets gegen die klimafreundlichsten Entscheidungsvorlagen gestellt. »Dabei wissen wir seit Jahrzehnten um die Folgen der Erderhitzung - und was dagegen zu tun ist«, so die Verbände. Klimaschutz sei ein Menschheits-, Sicherheits- und Wohlstandsthema. Nicht nur die streikenden Schüler und Studenten der Bewegung »Fridays for Future« forderten deshalb, endlich die Klimaschutz-Hausaufgaben zu machen.

Der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Energieverbrauch in den Bereichen Strom, Wärme und im Verkehr ist 2018 nach vorläufigen Angaben auf 16,6 Prozent gestiegen. Das waren 1,1 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, wie das Umweltbundesamt am Mittwoch mitteilte. Allerdings sieht es in den drei Bereichen ganz unterschiedlich aus: Beim Strom deckten die Erneuerbaren etwa aus Wind, Sonne und Biomasse inzwischen fast 38 Prozent des Bedarfs, auch, weil 2018 die Sonne viel geschienen hat. Im Wärmesektor blieb der Anteil mit 14 Prozent annähernd konstant, im Verkehr stieg er nur leicht um 0,4 Prozentpunkte auf 5,6 Prozent.

Laut ARD-Deutschlandtrend vom Januar 2019 wollen 73 Prozent einen möglichst schnellen Kohleausstieg. In den ostdeutschen Kohlekraftländern Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sieht es dagegen fast genau umgekehrt aus. Eine Umfrage aus dem letzten Jahr hatte eine gleich hohe bundesweite Mehrheit für einen schnellen Kohleausstieg vor 2030 ermittelt.

Unterdessen lobte der langjährige Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms und frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) die Schüler, die freitags für mehr Klimaschutz demonstrieren. »Fridays for Future« habe den unschätzbaren Wert, die Notwendigkeit einer überzeugenden Klimapolitik in alle gesellschaftlichen Gruppen hinein getragen zu haben, sagte Töpfer den Zeitungen des »Redaktionsnetzwerks Deutschland«. Durch diese Bewegung von unten, aus der Gesellschaft heraus werde die Politik massiv herausgefordert. »Manche wollen das noch nicht wahrhaben - sie werden dafür eine teure politische Rechnung bekommen«, sagte Töpfer.

Nach EU-Vorgaben muss Deutschland bis zum Jahr 2020 auf 18 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien kommen. Insgesamt konnten laut Umweltbundesamt (UBA) durch erneuerbare Energien 2018 rund 184 Millionen Tonnen Treibhausgase (CO2-Äquivalente) vermieden werden. Um auch langfristige Klimaschutz - und Energieziele bis 2030 und 2050 zu erreichen, müsse die Dynamik im Stromsektor »fortgeführt und intensiviert« werden, teilte die Behörde mit. Denn durch die Elektrifizierung vieler Bereiche, etwa des Verkehrs, wird der Stromsektor für den Klimaschutz immer wichtiger. Agenturen/nd

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