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Prora soll Erinnerungsort sein
Das Dokumentationszentrum im ehemaligen Nazi-Seebad auf Rügen muss umziehen
Prora ist auf dem Weg, eine touristische Wohlfühloase auf Rügen zu werden. Das hatten schon die Nazis mit ihrem gigantischen KdF-Seebad im Sinn. Einige Menschen nehmen das nicht hin, darunter der Verein Bildungs- und Dokumentationszentrum Prora. Er will an dem Ort des von den Nazis geplanten »Seebades der Zwanzigtausend« dessen Geschichte im Bewusstsein halten und betreibt dort eine politische Bildungsstätte.
Dieses Museum muss demnächst umziehen, denn die Räume liegen im privatisierten Teil des 4,7 Kilometer langen »Kolosses von Rügen«. Eine Perspektive für das Dokumentationszentrum sieht Leiterin Katja Lucke nur in dem Gebäudeteil, der sich in der öffentlichen Hand befindet. Doch der ist klein im Vergleich zu den Kilometern mit privaten Hotels, Gastronomie, teils luxussanierten Ferienapartments und Wohnungen.
Die Nazi-Organisation Kraft durch Freude (KdF) plante in den 1930ern ein Seebad für 20.000 Menschen. Es blieb unvollendet, Urlauber kamen nie dorthin. Mit Kriegsbeginn 1939 wurden die Bauarbeiten eingestellt und die Gebäude für andere Zwecke genutzt. »Prora ist mit Zwangsarbeit und schlimmsten Verbrechen verbunden«, sagt Lucke. So wurde das Bremer Polizeibataillon 105 in Prora ausgebildet, das nach ihren Worten im Krieg »an krassesten Verbrechen hinter der Front beteiligt war«, etwa an Massenerschießungen von Juden im Baltikum. »Man muss auf einen kritischen Umgang mit den Gebäuden achten«, fordert die Historikerin.
Auch Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) will nicht nur Tourismus an dem historisch schwierigen Ort. Von den sieben Blöcken ist nur ein Teil des Blocks 5 noch in öffentlicher Hand. Er gehört dem Landkreis Vorpommern-Rügen. Ein Abschnitt ist an das Jugendherbergswerk verpachtet, ein Teil für das Dokumentationszentrum vorgesehen: »Es gibt einen Kreistagsbeschluss, dem Verein das Gebäude mietfrei zur Verfügung zu stellen«, sagt der stellvertretende Landrat Manfred Gehrt. Die Bildungsstätte übernehmen will der Kreis nicht.
Der Verein Bildungs- und Dokumentationszentrum Prora könnte sich das Land als Träger vorstellen. Die Bildungsstätte ist als wissenschaftliches Zentrum staatlich anerkannt. Bund und Land haben sich im vergangenen Herbst zum Dokumentationszentrum bekannt. »Zum ersten Mal seit 18 Jahren«, wie Lucke bemerkt. Dahlemann zufolge sollen in den nächsten Jahren 6,8 Millionen Euro in den Aufbau des Zentrums investiert werden, das »die NS-Geschichte und die DDR-Geschichte des Ortes vorstellen soll«. Es werde die größte Gedenkstätten-Investition der Legislaturperiode sein.
Für den Verein sind dennoch viele Fragen offen. Für den 2. April hat er gemeinsam mit der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommerns in Berlin zu einer Diskussion über die Zukunft des Erinnerungsorts eingeladen. Derzeit belegt das Zentrum 2500 Quadratmeter und nutzt dazu für Sonderausstellungen die ehemalige Diskothek. Im April wird dort eine Sonderausstellung über Massenerschießungen eröffnet.
Die Räume für die Dauerausstellung sind Geschichte pur: unsaniert, kalt. Die 2004 eröffnete Ausstellung müsste dringend überarbeitet werden, sagt Lucke. Derzeit kommen pro Jahr im Schnitt 60 000 Besucher. Wäre die Bauplatzsituation nicht so schwierig, wären es mehr, ist sie sicher. Unterstützung komme unter anderem von der Landeszentrale für politische Bildung. Der Alltagsbetrieb werde über Eintrittsgelder finanziert. Da über zeitliche Abläufe des Bauprojekts noch nichts bekannt ist, rechnet Lucke damit, dass das Zentrum in ein Provisorium umziehen muss, bevor die neuen Räume fertig sind.
Dahlemann stellt eine baldige Vereinbarung zwischen Land und Landkreis in Aussicht, in der die Details des Bauvorhabens geregelt werden. Vize-Landrat Gerth hofft auf die Unterstützung des Landes für den Landkreis als Bauherrn. Dem Kreis fehle es an Personal für Planung, Begutachtung und Ausschreibungen. dpa/nd
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