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Kein Recht mehr aufs Schweigen

Mit einem neuen Gesetz sollen Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden im Internet mehr Befugnisse erhalten

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und das ihm unterstellte Bundesamt für Sicherheit (BSI) in der Informationstechnik standen zuletzt nach der massenhaften Veröffentlichung von Daten von Politikern, Prominenten und Journalisten, die Anfang des Jahres bekannt wurde, unter Druck. Sowohl Dienstherr als auch Behörde machten in dem Fall keine gute Figur, Seehofer versprach Verbesserungen - und plant mit dem »Zweiten Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme« nun unter anderem eine enorme Ausweitung der Behördenbefugnisse.

So heißt es in dem Gesetzentwurf, über den netzpolitik.org zuerst berichtet und ihn veröffentlicht hatte, zur Ausgangslage: »Cyber-Angriffe stellen insbesondere für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft mithin nach wie vor ein großes Gefahrenpotenzial dar.« Ein Teil der Lösung: »Um Cyber-Sicherheitsvorfällen insgesamt zu begegnen, werden die Befugnisse des BSI sowie der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden zum Schutz der Bundesverwaltung und der Gesellschaft ausgeweitet.« Dazu gehören etwa das aktive Suchen nach Sicherheitslücken in IT-Produkten durch das BSI, die von Hackern für Angriffe genutzt werden könnten. Davon betroffen sind nicht nur Computer, Smartphones, Server und Router, sondern auch das »Internet der Dinge«. Bei entsprechenden Funden könnte das BSI etwa anordnen, dass die Sicherheitslücken geschlossen werden.

Aus Sicht der Bürgerrechte besonders heikel ist eine in dem Gesetz vorgesehene Änderung der Strafprozessordnung. In dem hinzuzufügenden Paragrafen 163g würde Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit gegeben, »auch gegen den Willen des Inhabers auf Nutzerkonten oder Funktionen (...) mittels derer der Verdächtige im Rahmen der Nutzung des Telekommunikations- oder Telemediendienstes eine dauerhafte virtuelle Identität unterhält, zuzugreifen«. Auch dürften die Behörden anschließend »unter dieser virtuellen Identität mit Dritten in Kontakt treten«. Behörden könnten so etwa im Darknet leichter verdeckt ermitteln. Aber auch Einsicht in Dinge erlangen, die nichts mit einer Straftat zu tun haben und unbeteiligte Dritte betreffen.

Noch schwerwiegender ist die Pflicht des Verdächtigen, »die zur Nutzung der virtuellen Identität erforderlichen Zugangsdaten herauszugeben«. Er muss die Passwörter herausgeben. Selbst dann, wenn »sie geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen«. Zwar dürften diese Erkenntnisse nur mit Einwilligung des Verdächtigen (letztendlich gegen ihn) verwendet werden. Doch sehen Experten in diesem Zwang, der auch mit Beugehaft durchgesetzt werden könnte, einen Bruch mit dem Prinzip, dass niemand sich selbst belasten muss und dem Recht zu schweigen.

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