- Berlin
- Versammlungsgesetz
Mehr Schutz für Nationalflaggen
SPD will das öffentliche Verbrennen etwa der Fahne Israels unter Strafe stellen
Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will das öffentliche Verbrennen und Verunglimpfen der Fahne des Staates Israel unter Strafe stellen. In dem von den Sozialdemokraten Ende Februar vorgelegten Entwurf zur Novellierung des Berliner Versammlungsgesetzes sieht Paragraf 11 das Verbot der Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten vor.
Wer etwa die israelische Flagge mit dem Davidstern während einer Demonstration verbrennt, muss dem Gesetzentwurf zufolge mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr rechnen. »Wir können es nicht zulassen, dass in der Stadt, in der die Menschheitsverbrechen der Schoah ihren Anfang nahmen, Symbole des jüdischen Staates zerstört werden«, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sven Kohlmeier. »Wer die Staatsflagge Israels verbrennt, äußert keine Meinung, sondern positioniert sich bewusst außerhalb unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung«, so Kohlmeier weiter.
Das geplante Verbot von Flaggen-Verbrennungen schränke deshalb auch nicht die Versammlungsfreiheit ein. »Wir wollen nicht, dass es noch einmal zu Szenen wie im Dezember 2017 vor dem Brandenburger Tor kommt«, sagte der SPD-Politiker. Damals hatten pro-palästinensische Demonstranten in Berlin wiederholt die israelische Fahne verbrannt, um gegen die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump zur Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu protestieren. Über den öffentlichen Aufschrei hinaus ist seinerzeit nicht viel passiert. Bislang bleiben Demonstranten in Deutschland straffrei, wenn sie die Flagge Israels oder eines anderen Staates öffentlich verbrennen. Der geplante Gesetzesparagraf bezieht sich juristisch grundsätzlich auf alle ausländischen Nationalfahnen. Politisch geht es um den Schutz der Flagge Israels.
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin begrüßte das geplante Gesetzesvorhaben. Der Gemeinderepräsentant Mike Samuel Delberg sagte: »Wer Flaggen mit Davidsternen verbrennt, um seine Meinung kundzutun, der macht auch vor Synagogen nicht halt.« In Deutschland dürfe man keine Bilder wie im Iran zulassen, wo israelische und amerikanische Symbole öffentlich geschändet werden. Auch von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) kommt Lob für die Initiative der SPD. »Wer Flaggen verbrennt, begeht einen barbarischen Akt«, sagt Maya Zehden vom Vorstand der DIG Berlin und Potsdam. Jeder könne seine Meinung frei äußern. »Antisemitismus ist aber keine Meinung«, so Zehden.
Mit dem neuen Versammlungsgesetz, das derzeit als Teil des von der SPD vorgelegten »Starkes Gemeinwesen-Gesetz« im rot-rot-grünen Senat diskutiert wird, würde Berlin bundesweit Vorreiter sein. Auf Bundesebene ist nach Paragraf 104 des Strafgesetzbuches bisher nur die Zerstörung öffentlicher Flaggen, beispielsweise an diplomatischen Vertretungen, strafbar. Eine eigens zur einer öffentlichen Versammlung mitgebrachte Israel-Flagge zu verbrennen, wird von Paragraf 104 nicht erfasst.
Ob das Gesetzespaket in Berlin noch in diesem Jahr kommen kann, ist fraglich. Die LINKE ist gegen ein Verbot von Flaggen-Verbrennungen. »Wir brauchen so ein Verbot nicht, da es unverhältnismäßig die Meinungsfreiheit einschränkt«, sagt LINKEN-Rechtsexperte Sebastian Schlüsselburg. Um die Zerstörung von Israel-Fahnen zu verhindern, würden entsprechende Auflagen bei Demonstrationen ausreichen, die dann von der Versammlungsbehörde konsequent durchgesetzt werden müssten. Die Gesetzesinitiative der SPD sei ein »typischer Fall von Kanonen, mit denen man auf Spatzen schießen will«, sagte Schlüsselburg. Ähnlich äußerte sich auch Grünen- Innenexperte Benedikt Lux: »Die bestehende Gesetzeslage ist ausreichend.«
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