- Kommentare
- Kommunalwahlen in der Türkei
Der Sultan klaut die Stimmen
Sebastian Bähr über Erdoğans Missachtung der Kommunalwahlergebnisse
Die türkisch-kurdische Linkspartei HDP konnte bei den jüngsten Kommunalwahlen trotz aller Repression einen Achtungserfolg erzielen. Durch taktisches Geschick gelang es, in westlichen Großstädten wie Istanbul CHP-Kandidaten zur Macht zu verhelfen und in kurdischen Gebieten im Osten die eingesetzten Zwangsverwalter zu verjagen. Das Regime kann jedoch nicht verlieren. Machtverlust ist nicht akzeptabel. Dafür verzichtet Erdoğan mittlerweile auch auf den letzten Anschein von Demokratie. Mit diktatorischen Maßnahmen wird nun gegen den Wählerwillen vorgegangen.
So hat der »Hohe Wahlausschuss« kürzlich erklärt, keine Mandate von Personen zu akzeptieren, die zuvor per Dekret entlassen wurden. Dies betrifft vor allem neugewählte HDP-Bürgermeister. Ihre Posten sollen jetzt an die zweitplatzierten AKP-Kandidaten gehen. Ein perfides und heimtückisches Vorgehen: Erst akzeptierte der Wahlausschuss die HDP-Kandidaten - nun verweigert er ihnen die Amtsübernahme. In Istanbul fordert die AKP derweil eine Neuwahl, nachdem sie mit der Forderung nach einer kompletten Neuauszählung der Stimmen gescheitert war.
Die bittere Wahrheit: Die aktuelle Türkei ist weder Demokratie noch Rechtsstaat. Erdoğan wird seine Macht nicht freiwillig abgeben. Was aber auch stimmt: Der Widerstand gegen das Regime ist stark und lebendig.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.