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Das geht die Opposition gar nichts an ...
Bundesregierung liefert weiter Kriegswerkzeug für den Jemen-Krieg und rüstet das fragile Algerien auf
Nach dem Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul fiel der Bundesregierung keine Ausrede mehr ein, weshalb das in Jemen Krieg führende Saudi-Arabien weiter Waffen aus Deutschland erhalten sollte. Doch alsbald traten Verbündete - allen voran Frankreich - auf den Plan. Das Land will weiter am Krieg der Saudis verdienen, braucht dazu aber Zulieferungen aus Deutschland. Anderenfalls, so hieß es in Paris, würde man künftig Rüstung »German free« betreiben. Und nicht nur bei aktuellen Projekten. Man drohte, auch gemeinsame strategische Rüstungen mit Milliardenaussichten wie die Entwicklung von Drohnen und neuen Kampfjets auszusetzen.
Die Bundesregierung ließ sich nur allzu gern einschüchtern und lockerte die Exportrestriktionen. In der vergangenen Woche nickte der unter Vorsitz der Kanzlerin geheim tagende Bundessicherheitsrat, dem auch drei SPD-Minister angehören, wieder eine militärisch verwendbare Lieferung für das saudische Königreich ab. Es handelt sich um eine »Technologie für Satteltiefladerfertigung« der Ulmer Firma Kamag. Zugleich erhalten die Vereinigten Arabischen Emirate, gleichfalls Kriegspartner in Jemen, drei von deutschen und französischen Firmen gebaute »Cobra«-Artillerie-Radarsysteme samt Software und Ersatzteile.
Auf der aktuellen Lieferliste steht auch Algerien. Es sollen 92 elektrische Antriebe für die Bewaffnung des Transportpanzers »Fuchs« geliefert werden. Via Kanada, wie im Geheimdokument vermerkt ist. Der Radpanzer wird seit 2011 in Algerien produziert. Dafür wurde eigens das Unternehmen Rheinmetall Algerie SPA gegründet. Die Teile, die montiert werden, stammen aus Kassel.
Dank seiner Bodenschätze ist das nordafrikanische Land aber auch sonst ein guter Kunde. Bereits 2012 lag Algerien mit dem Kauf von militärischem Gerät in Höhe von 287 Millionen Euro an dritter Stelle der Importeure deutscher Kriegstechnik. 2013 rechnete man 826 Millionen Euro ab, 2016 und 2017 war das Land - jenseits der NATO-Partner und anderer befreundeter Staaten - mit jeweils gut 1,4 Milliarden Euro sogar der wichtigste Abnehmer deutscher Kriegstechnik.
Algerien führt zwar nicht Krieg in Jemen, rückt aber zunehmend in den Fokus. Nicht nur wegen des erzwungenen Rückzugs des greisen Präsidenten Bouteflika und dem sich daraus ergebenden Machtvakuum rückt das Land ins Blickfeld, sondern auch weil Algerien aus deutscher Sicht eine hervorgehobene Rolle als »sicheres Herkunftsland« bei der Abwehr von Flüchtlingen spielen soll.
Weil sich - selbst nach den Grundsätzen der Bundesregierung - jeglicher Rüstungsexport verbietet, fragte der Außenpolitiker der Linksfraktion, Stefan Liebich nach, ob das Merkel-Scholz-Kabinett »einen Stopp von Rüstungs- und Waffenexporten nach Algerien« plant und welche Maßnahmen die Regierung getroffen hat, damit Algerien die deutschen »Fuchs«-Panzer nicht in andere Krisen- und Kriegsgebiete exportiert.
Die Antwort aus dem zuständigen Berliner Wirtschaftsministerium: Die Bewertungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse der Rüstungsexportkontrolle gehörten zum Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung. Es folgen Hinweise auf entsprechende Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts. Unterm Strich wird beschieden: Das geht den Liebich gar nichts an.
Was der Parlamentarier - zurückhaltend - als »unverantwortlich« wertet. Entgegen allen öffentlichen Verlautbarungen und wider Geist und Wortlaut des eigenen Koalitionsvertrags setze die schwarz-rote Bundesregierung »ihre mörderische Rüstungsexportpolitik schamlos fort«. Es werde weiter Kriegswerkzeug an Staaten geliefert, die sich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligen und selbst wenn wie in Algerien ein historischer Umbruch stattfindet, in dem das Militär um seine Macht kämpft, gebe es bei CDU, CSU und SPD kein Umdenken, denn: »Hauptsache es klingelt in den Kassen deutscher Rüstungsschmieden.«
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