- Wirtschaft und Umwelt
- Urheberrecht
Urheberrecht wird endgültig reformiert
Deutschland stimmt mit Mehrheit der EU-Staaten neuer Richtlinie zu
Aller Protest konnte am Ende die Urheberrechtsreform der EU nicht aufhalten. Am Montag stimmten nun auch die Mitgliedsstaaten dem Werk zu, das zuvor vom Europaparlament abgesegnet worden war. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Abstimmungsverhalten der Bundesregierung, die mit einer Enthaltung oder einem Nein die Reform noch hätte aufhalten können. Zumal SPD und Union in ihrem Koalitionsvertrag Uploadfilter ausdrücklich ablehnen, deren Einführung mit der Reform allenthalben erwartet wird. Mit ihrem Ja verschaffte die Große Koalition der Reform nun aber die notwendige Mehrheit.
Gegen das Vorhaben stimmten die Niederlande, Luxemburg, Polen, Italien, Finnland und Schweden. Belgien, Slowenien, und Estland enthielten sich. »Die Bundesregierung hat mit ihrer ausschlaggebenden Stimme den Weg für Uploadfilter frei gemacht. Niemand wird in Zukunft behaupten können, Union und SPD hätten es nicht so gewollt, denn selbst eine Enthaltung hätte heute die Chance für einen Neuanfang eröffnet«, so Petra Sitte, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion und Mitglied im Ausschuss Digitale Agenda.
Erklärung statt eines Neins
Statt die Reform zu kippen, hatte sich die Bundesregierung dazu entschieden, lediglich eine Erklärung abzugeben, in der sie sich dafür ausspricht, dass die Reform möglichst ohne den Einsatz von Uploadfiltern umgesetzt werden soll. »Ziel muss sein, das Instrument ›Uploadfilter‹ weitgehend unnötig zu machen«, trug die deutsche Vertreterin bei der entscheidenden Abstimmung vor. Ein Sprecher des Justizministeriums erklärte in Berlin, man werde den »Auslegungsspielraum voll ausschöpfen müssen«. Wichtig sei, »dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Richtlinie auszulegen«, so der Sprecher weiter. »Das ist ja gerade der Unterschied zwischen Richtlinie und Verordnung, dass die nicht unmittelbar gilt, sondern dass man sie umsetzen muss.« Zur nationalen Umsetzung haben die EU-Mitgliedsstaaten nun zwei Jahre Zeit.
»Feigenblatt« und »Kosmetik«
Bei der Opposition stößt dieses Vorgehen auf wenig Gegenliebe. Für Sitte ist die Protokollerklärung lediglich ein »Feigenblatt«. Gleichzeitig bietet man aber auch vorsichtig Unterstützung an: »Wenn die Koalition sich nun in der Umsetzung daranmachen will, den von ihr selbst angerichteten Schaden so weit wie möglich wieder zu begrenzen, werden wir das konstruktiv begleiten.« Allerdings mit einem wachsamen Auge. »Wir werden sie aber auch an die von ihr selbst in den letzten Wochen gegebenen hohen Versprechungen erinnern und sie daran messen«, so Sitte.
Der Spitzenkandidat der Grünen zur Europawahl, Sven Giegold, nannte die Erklärung eine »fragwürdige Kosmetik«. Die Bundesregierung habe die Chance nicht genutzt, die »fehlgeleitete Reform« zu stoppen, und habe beim Thema Uploadfilter ein Glaubwürdigkeitsproblem. »In Berlin positionieren sich CDU und SPD gegen Uploadfilter, in Brüssel nicken sie diese ab«, sagte er.
Es wird davon ausgegangen, dass große Plattformen wie Facebook, Youtube oder Instagram Uploadfilter einsetzen werden, um wie in der Richtlinie vorgegeben zu verhindern, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte hochgeladen werden. Kritiker erwarten auch wegen der Fehleranfälligkeit solcher Programme negative Folgen für Vielfalt und Meinungsfreiheit.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.