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Kevin Kühnert spricht über demokratischen Sozialismus - und alle drehen durch
Juso-Chef will Kollektivierung von Unternehmen wie BMW »auf demokratischem Wege« erreichen
Hamburg. Juso-Chef Kevin Kühnert hat offen und laut über den Sozialismus nachgedacht - und proviziert damit das politische Establishment quer durch alle Parteien in Deutschland. Kühnert hatte in einem Interview mit der »Zeit« gesagt, dass er große Firmen kollektivieren möchte. Er wolle eine Kollektivierung von Unternehmen wie BMW »auf demokratischem Wege« erreichen. Ohne Kollektivierung sei »eine Überwindung des Kapitalismus nicht denkbar«.
Am Beispiel des Autobauers hatte er weiter ausgeführt: »Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW «staatlicher Automobilbetrieb» steht oder «genossenschaftlicher Automobilbetrieb» oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht.« Entscheidend sei, dass die Verteilung der Profite demokratisch kontrolliert werde. »Das schließt aus, dass es einen kapitalistischen Eigentümer dieses Betriebes gibt.«
Außerdem will Kühnert den Besitz von Immobilien in Deutschland beschränken. »Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten«, hatte er gesagt. »Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt.« Noch besser seien genossenschaftliche Lösungen, im Optimalfall gebe es überhaupt keine privaten Vermietungen mehr, sagte der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation. Dafür gab es von LINKE-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler Zuspruch. »Wo @KuehniKev recht hat, hat er recht«, schrieb Schindler auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte der »Bild«: »Zum Glück haben wir den Sozialismus überwunden, bei dem zwar alle gleich, aber alle gleich arm waren. Die Forderung, Betriebe wie BMW zu kollektivieren, zeigt das rückwärtsgewandte und verschrobene Retro-Weltbild eines verirrten Fantasten. Das kann ich alles gar nicht ernst nehmen.«
FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sagte laut »Bild«: »Die SPD muss dringend ihr Verhältnis zum Eigentum klären und Herr Kühnert das Godesberger Programm statt Karl Marx lesen.« Auch CDU-Vize Thomas Strobl zeigte sich empört: »30 Jahre nach dem Niedergang der DDR wollen die Linken wieder den demokratischen Sozialismus«. Erst spreche Grünen-Chef Habeck von Enteignungen, »jetzt kommen diese Stimmen auch aus der SPD und von der kommunistischen Linken sowieso.«
Für CSU-Generalsekretär Markus Blume sind Kühnerts systemverändernde Sozialismus-Fantasien ein schwerer Rückfall der SPD in klassenkämpferische Zeiten. »Die SPD-Spitze muss sich deutlich von solchen Hirngespinsten distanzieren.« Auch aus der SPD kam deutliche Kritik. »Was für ein grober Unfug. Was hat der geraucht? Legal kann es nicht gewesen sein«, twitterte Johannes Kahrs, Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD.
Offenbar in Reaktion auf die Kritik postete Kühnert am Mittwochabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter einen Satz aus dem Grundsatzprogramm der SPD von 2007. Darin steht: »Der demokratische #Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist.« Der Jungsozialist versah dies noch mit der Zusatzbemerkung, zu BMW »verhalte sich das Grundsatzprogramm übrigens nicht«. Und Kühnert kommentierte auch die empörten Reaktionen. Vielleicht sei »ein kleiner Teil des Problems, dass manche das Gefühl haben, sie müssten die Kommentierung dieses Interviews mit dem Bekenntnis beginnen, «wirklich keine der Aussagen» zu teilen«. dpa/nd
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