Sudans Militär prügelt Opposition

Sicherheitskräfte räumen Barrikaden und Sitzstreiks von Protestierenden in Khartum

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sind grausame Bilder, die am Montagmorgen aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum die Welt erreichten. Rauchsäulen steigen aus der Innenstadt empor, unzählige Polizisten und Soldaten schlagen auf wehrlose Zivilisten ein, Schüsse fallen. Verzweifelt versuchen Menschen, einen getroffenen Mann zu reanimieren.

Das sudanesische Militär hat beschlossen, die Verhandlungen mit der protestierenden außerparlamentarischen Opposition abzubrechen. Fortan soll nicht weiter über die Zukunft des Landes im Sinne einer perspektivischen Demokratisierung gesprochen werden. Zumindest nicht, wenn die Bevölkerung währenddessen weiter demonstriert.

Schon in den vergangenen zwei Wochen waren die Verhandlungen ins Stocken geraten. Zuletzt hatten diverse oppositionelle Gruppen zu einem landesweiten Generalstreik ausgerufen. In der Nacht zu Montag eskalierte die Situation. Sicherheitskräfte schwärmten überall in Khartum aus, um die diversen Sitzblockaden und Barrikaden gewaltsam zu räumen.

Laut dem Zentralkomitee sudanesischer Ärzte ist die Anzahl der getöteten Personen auf neun gestiegen. Das Komitee warnte in einer öffentlichen Erklärung jedoch davor, dass die Zahl der getöteten Demonstranten »weiterhin rapide steige«, weshalb es schwer wäre, »alle Opfer zu zählen und zu identifizieren«.

Das Militär hatte wiederholt davor gewarnt, dass es die seit fünf Monaten andauernden Proteste nicht länger tolerieren würde. Vor allem deswegen, so hieß es in einem offiziellen Statement, weil sich »unruhestiftende und kriminelle Elemente« unter die Demonstrierenden gemischt hätten. Denselben »Kriminellen« gab der Militärrat auch die Schuld an der tödlichen Eskalation. Der Pressesprecher des Militärrats, Shams El din Al Kabashi, sagte gegenüber dem Fernsehsender Al Jazeera, dass sich die Operationen der Sicherheitskräfte nur auf die Umgebung der Protestcamps konzentrierten. Es seien »gefährliche Gruppen«, welche die Sitzproteste infiltriert hätten. Dass zur selben Zeit Dutzende Bilder durch das Internet kursierten, auf denen Uniformierte gewaltsam gegen Demonstranten vorgingen, ließ er unkommentiert.

Nachdem die Regierung im Dezember 2018 die Brotpreise quasi über Nacht verdreifacht hatte, entfachte im ganzen Land eine Protestwelle, die am 17. April zum Sturz des Langzeitpräsidenten Omar al-Baschir führte. Anstelle von al-Baschir übernahm ein Militärrat die Kontrolle über das Land. Dieser versprach zwar von Beginn an, seine Existenz sei lediglich provisorischer Natur - man werde nur für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen und zukünftige freie Wahlen unterstützten.

Doch damit gab sich die protestierende Bevölkerung nicht zufrieden - die Angst war groß, das Erlangte wieder abgeben zu müssen. Auch in den vergangenen Monaten gab es täglich und im ganzen Land verteilt Demonstrationen. In Khartum fand parallel ein komplexer Verhandlungsprozess zwischen dem Militär und einer Allianz verschiedener Oppositionsgruppen statt, die sich durch das Unterzeichnen einer gemeinsamen Erklärung mit Forderung nach einem demokratischen Wandel, der »Deklaration für Freiheit und Veränderung«, zusammengetan hatten.

Die größte und bekannteste unter ihnen ist das Gewerkschaftsbündnis »Sudanese Professionals Association«. Als Reaktion auf die gewalttätige Räumung durch Sicherheitskräfte am Montag rief sie zum Sturz des Militärrats auf. Friedlich, jedoch entschlossen sollen sich alle »Kollegen, Studenten, Arbeiter, Angestellte und freie Revolutionäre« auf den Straßen der »übermäßigen Gewalt entgegenstellen.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.