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Kassler Politiker durch Kopfschuss getötet
Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft finden keinen Hinweis für einen Suizid
Während das politische Wiesbaden mit Bestürzung und Trauer auf den Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) reagiert und Koalition wie Opposition den Verstorbenen mit Nachrufen würdigen, haben die staatlichen Ermittlungsorgane umfangreiche Untersuchungen der Umstände seines Ablebens eingeleitet. Denn der 65-jährige Lübcke ist offenbar keines natürlichen Todes gestorben. Er wurde nach Medienangaben am Samstagabend in seinem Wohnhaus im westlich von Kassel gelegenen Wolfhagen-Istha (Kreis Kassel) durch einen Kopfschuss getötet.
Über den Stand der Ermittlungen informierten Hessens Landeskriminalamt und die Kasseler Staatsanwaltschaft die Medien am Montagabend durch eine Pressekonferenz. Der tödliche Schuss sei von einer Kurzwaffe aus der Nähe abgefeuert worden, teilten die Ermittlungsbehörden mit. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben sich keine Hinweise auf einen Suizid ergeben, sie geht daher von einem Tötungsdelikt aus und ermittelt gegen Unbekannt.
Am Sonntag war die Straße, an der Lübckes Wohnhaus liegt, von Polizeikräften abgeriegelt worden. Zur Spurensicherung herbeigerufene Beamte durchsuchten das Haus und die nähere Umgebung nach der Tatwaffe und wurden dabei dem Vernehmen nach nicht fündig. Stundenlang kreisten Polizeihubschrauber über dem 800-Einwohner-Dorf. Die Ermittlungen vor Ort wurden am Montag fortgesetzt.
Unterdessen macht die Vermutung die Runde, wonach der Kopfschuss, dem Lübcke erlag, politisch motiviert sein könnte. Der CDU-Mann hatte 2015 die Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten auch bei Bürgerversammlungen in nordhessischen Gemeinden ausdrücklich begrüßt und sich unter Berufung auf christliche Werte für ein friedliches Zusammenleben ausgesprochen. »Wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jederzeit verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen«, lautete eine markante Äußerung Lübckes an die Adresse von Zwischenrufern, die damals heftige Kritik von rechten Kreisen um Pegida und die »Reichsbürger« und eine Flut gehässiger und mit Rücktrittsforderungen und Drohungen versehener E-Mails an seine Adresse auslöste. Lübcke hatte nach eigenen Angaben diese Aussage »an jene gerichtet, die durch Zwischenrufe ihre Verachtung unseres Staates artikuliert oder diesen Schmähungen applaudiert haben«. Der Shitstorm veranlasste ihn dazu, kurzfristig Personenschutz anzufordern. In den vergangenen Monaten soll es dem Vernehmen nach keine derartigen Drohungen mehr gegen Lübcke gegeben haben.
Der in Nordhessen geborene und verwurzelte Lübcke war von Haus aus Bankkaufmann und Studienleiter. Er promovierte über die Planwirtschaft in der Sowjetunion in den 1920er Jahren. Nach seinem Eintritt in die CDU 1983 machte er eine steile politische Karriere, die ihn über kommunale Mandate 1999 in Hessens Landtag führte. Als er zehn Jahre später bei den Landtagsneuwahlen im Wahlkreis einer SPD-Bewerberin unterlag und sein Mandat verlor, weil für seine siegreiche Partei durch zahlreiche Überhangmandate keine Listenplätze zum Zuge kamen, fand sich für ihn umgehend ein neues Betätigungsfeld. So berief ihn der damalige Innenminister und heutige Regierungschef Volker Bouffier zum Präsidenten des Regierungspräsidiums (RP) Kassel. Das RP Kassel mit rund 1300 Bediensteten ist wie das RP Gießen und das RP Darmstadt eine von drei staatlichen Mittelbehörden, die in Hessen als Schaltstelle zwischen Ministerien und Kommunen fungieren. Kürzlich hatte Bouffier seinen Vertrauten Lübcke noch einmal persönlich animiert, nach zehn Jahren an der Spitze des RP nicht in den Ruhestand, sondern in die Verlängerung bis September 2019 zu gehen.
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