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Geschäftsrisiko namens Trump
Der bayerische Autokonzern BMW eröffnet ein neues Werk - ausgerechnet in Mexiko
In San Luis Potosí in Zentralmexiko liefen gerade die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung des neuen BMW-Werkes, als die Hiobsbotschaft aus Washington eintraf: Weil Mexiko angeblich nicht genug gegen die illegale Migration tut, droht US-Präsident Donald Trump mit Strafzöllen auf alle Importe aus dem südlichen Nachbarland. Los gehen soll es mit einer fünfprozentigen Sonderabgabe, die bis Oktober auf 25 Prozent steigen könnte.
Das träfe besonders die Autoindustrie, für die Mexiko ein strategischer Knotenpunkt ist: Das Land liegt genau neben dem Großkunden USA, verfügt über eine geografische Schlüssellage, eine etablierte Zuliefererkette, niedrige Löhne sowie Freihandelsabkommen mit mehr als 40 Staaten. Viele ausländische Unternehmen investieren hier, zum Beispiel Volkswagen, Daimler, Toyota, General Motors und eben BMW. Der deutsche Konzern eröffnet an diesem Donnerstag das neue Werk in San Luis Potosí, in das er rund eine Milliarde US-Dollar investiert hat. Es bietet rund 1500 neue Jobs. Produziert werden sollen hier jährlich rund 150 000 Fahrzeuge der 3er-Serie für den US- und den Weltmarkt - bisher wurden die Limousinen in einem Werk in Südafrika produziert.
Die Münchner sind nicht begeistert von dem Säbelrasseln aus dem Weißen Haus. »Die BMW Group steht für weltweiten Freihandel: Wir verfügen als Unternehmen über ein weltweites Produktionsnetzwerk und einen globalen Absatzmarkt. Zudem nutzen wir die globalen Einkaufsmärkte«, heißt es in einer Mitteilung. Barrierefreier Marktzugang sei nicht nur für BMW entscheidend, »sondern auch für das Wachstum, den Wohlstand und die Beschäftigung in der gesamten globalen Wirtschaft«.
Am Mittwoch wollten der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard und sein US-Kollege Mike Pompeo im Washington zusammenkommen, um nach einer Lösung zu suchen. Ebrard betonte die Dialogbereitschaft seines Landes, stellte aber auch klar: »Wir werden Mexikos Würde verteidigen.«
Trumps neues Drohgebaren hat die mexikanische Autoindustrie eiskalt erwischt. Nach zwei Jahren Stress wegen der Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens von 1994, das nun durch das neue USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA) ersetzt werden soll, hatte sich in der Branche gerade wieder ein wenig Optimismus breitgemacht. Kürzlich nahm Trump die im Frühjahr 2018 verhängten Sonderzölle auf Stahl- und Aluminium zurück und stellte Mexiko gar einen Freibrief aus, dem zufolge die Autoimporte bis zu einer gewissen Grenze von möglichen künftigen Zöllen ausgenommen sein sollten. Seine Entscheidung über angedrohte Sonderzölle auf Autoeinfuhren aus der Europäischen Union und Japan hatte Trump Mitte Mai für ein halbes Jahr aufgeschoben. Die deutschen Hersteller haben großen Anteil an den EU-Exporten in die USA.
Für Mexikos Autobauer und Zulieferer könnte der im November unterzeichnete USMCA-Freihandelspakt laut Branchenexperten eine gute Entwicklung bedeuten. Es könnte entgegen erster Befürchtungen »für neue Investitionen in der mexikanischen Kfz-Industrie sorgen«, schreibt Florian Steinmeyer von der deutschen Außenwirtschaftsgesellschaft GTAI.
Bislang rechnete das lateinamerikanische Land dieses Jahr mit einer Steigerung von mindestens 3,5 Prozent bei Produktion und Verkäufen von Autos ins Ausland. Obwohl die mexikanische Pkw-Produktion 2018 um 0,6 Prozent auf 3,9 Millionen Fahrzeuge schrumpfte, überholte Mexiko vergangenes Jahr Südkorea im Ranking der größten Fahrzeugproduzenten und landete auf dem sechsten Platz, direkt hinter Deutschland. Die Exporte wuchsen 2018 um sechs Prozent, in den ersten vier Monaten dieses Jahres lag der Anstieg bei 2,8 Prozent. Damit ist Mexiko weltweit der viertgrößte Autoexporteur - und das, ohne eigene relevante Marken zu besitzen. Viele der hier zusammengeschraubten Teile stammen aus den USA oder Kanada und haben während der Produktion mehrmals die Grenzen überquert. Die USA kaufen 68 Prozent der mexikanischen Autoproduktion. Von dort stammte 2018 ein Drittel der US-Importe - das waren fast 2,7 Millionen Pkw, Pick-ups und Vans. Aus Deutschland waren es nur 451 000. dpa/nd
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