- Sport
- Fußball-WM
Verdient im Rampenlicht
Die Heim-WM soll die erfolgreichen französischen Fußballerinnen noch prominenter machen
»Möchten Sie die gleichen Prämien wie die Männer im Falle eines WM-Sieges bekommen?« Bei dieser Frage überlegt Gaëtane Thiney nicht lange. »Ich bin überhaupt nicht empfänglich für solche Fragen. Wenn man zahlen müsste, um an einer WM teilzunehmen, würde ich sogar zahlen«, sagte die 33-jährige Mittelfeldspielerin des französischen Nationalteams im Trainingslager in Clairefontaine. Und ergänzte: »Wenn wir genau so viel Geld wie die Männer generieren, sollten wir sicherlich auch genauso viel verdienen wie sie. Aber ich bin mir nicht sicher, ob dies der Fall ist.«
Thineys Haltung erstaunt ein wenig. Besonders in einer Zeit, in der das Thema Geschlechtergerechtigkeit noch nie so im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatten stand wie aktuell in Frankreich. Aber vor dem Ziel, genauso so viel Geld wie die Männer einzubringen, steht bei den französischen Fußballerinnen ein ganz anderes: noch mehr Begeisterung für ihren Sport erzeugen. Ein Weltturnier in der Heimat ist dafür die perfekte Gelegenheit.
Die Weltmeisterschaft beginnt an diesem Freitagabend in Paris, mit dem Eröffnungsspiel der Französinnen gegen Südkorea im Prinzenparkstadion. Sie endet am 7. Juli mit dem Finale in Lyon. Das Gastgeberland will diesen einen Monat nutzen, um einerseits das starke und immer weiter wachsende Interesse am Fußball der Frauen zu bestätigen. Andererseits soll versucht werden, ihn noch tiefer in der Sportlandschaft des Landes zu verankern. Rund ein Jahr nach dem Turnier der Männer in Russland will der Französische Fußballverband (FFF) dabei auch von der Begeisterung um den WM-Titel 2018 profitieren.
Die Frauen sollen noch sichtbarer werden. Das würde die jahrelange Arbeit des FFF in dieser Sache sehr befördern. »In den 70er Jahren musste die Spielerinnen viel Spott ertragen, und die Leute gingen ins Stadion, um hübsche Frauen anzuschauen. Heute ist das Publikum da, um das Spiel zu sehen«, behauptete die FFF-Vizepräsidentin und ehemalige Nationalspielerin Brigitte Henriques gegenüber Radio France International.
In Frankreich wurde in der Tat viel getan, um die Fußballerinnen und deren Akzeptanz zu fördern. Bei den Fernsehanstalten scheint dies jetzt auch angekommen zu sein. Der Sender TF1 wird 25 WM-Begegnungen, darunter alle Spiele des französischen Nationalteams, unverschlüsselt übertragen. Auf dem privaten Sender Canal+ werden sogar alle 52 Spiele zu sehen sein. Genau so war es auch bei der vergangenen WM der Männer - für die Frauen ist es aber eine Premiere in Frankreich.
Diesem späten, dennoch beachtlichen Fortschritt in der medialen Darstellung stehen langjährige Erfolge von französischen Fußballerinnen gegenüber. Auch wenn das beste Ergebnis von »Les Bleues« nur ein vierter Platz bei der WM 2011 ist, gilt das französische Nationalteam schon länger als eines der spielerisch besten. Es sind vor allem die vielen Erfolge im Klubfußball, die das gute Image französischer Fußballerinnen tragen.
Olympique Lyon dominiert als Dauersieger die Champions League. Dort spielt unter anderem auch die Weltfußballerin Ada Hegerberg. Die Norwegerin wird bei dieser WM allerdings nicht für ihr Team auflaufen. Die 23-jährige Stürmerin protestiert damit gegen die ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen durch den norwegischen Verband. Als Kommentatorin wird sie die WM aber für den Sender TF1 begleiten.
In insgesamt neun Stadien wird eine WM-Rekordzahl an Zuschauern erwartet. Die Halbfinals und das Endspiel finden in Lyon statt. Die Karten für das dortige Stadion mit etwas mehr als 60 000 Plätzen sind seit Monaten ausverkauft. Für neun weitere WM-Spiele gibt es ebenfalls keine Tickets mehr. »Der Erfolg ist schon enorm«, freute sich FFF-Präsident Noël Le Graët über die Popularität. »Wir wollen, dass sich möglichst viele Menschen für den Frauenfußball interessieren. Nach der WM ist es unsere Aufgabe, dass die Vereine Frauenabteilungen entwickeln, so dass die Mädels Fußball spielen können.« Für Frankreich scheint die WM zur rechten Zeit zu kommen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.