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Gerechtigkeit mit Friedrich Merz
Sieben Tage, Sieben Nächte über die Verteilung von Wohlstand in Deutschland
Die Verteilung des Wohlstands ist ein Dauerthema in Deutschland. Und auch wenn die Debatte weitgehend folgenlos bleibt, ist ihr pures Stattfinden doch ein Ärgernis für den CDU-Politiker Friedrich Merz (das ist der mit der Wirtschaftskompetenz). »Deutschland geht es gut«, stellt Merz in der Wochenzeitung »Die Zeit« fest. Dennoch, so wundert er sich, »werden fast täglich neue Gerechtigkeitslücken entdeckt«, was Union und SPD in einen »sozialen Überbietungswettbewerb« treibe. Das nimmt der CDU-Mann zum Anlass, uns das »notwendige Grundverständnis« für die Wirtschaft nahezubringen.
Marktwirtschaft, klärt Merz auf, »heißt vor allem Kapitaleinsatz«. Ohne Kapitaleinsatz und ohne Kapitalrentabilität gebe es keinen Sozialstaat und keine soziale Gerechtigkeit. Da die Menschen dennoch unzufrieden seien, müsse man ihnen »das berechtigte Gefühl verleihen, sie hätten Anteil am Erfolg unserer Wirtschaftsordnung«. Ein Weg, dieses Gefühl zu erzeugen, ist laut Merz, die »Arbeitnehmer mehr am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen zu beteiligen, in denen sie arbeiten« - eine eigenartige Formulierung, da die Arbeitnehmer ja nicht bloß »in« erfolgreichen Unternehmen arbeiten, sondern mit ihrer Arbeit eben diesen Erfolg herbeiführen.
Am Unternehmenserfolg beteiligen will Merz die Arbeitnehmer nun nicht über höhere Löhne, denn die schaden ja der Kapitalrendite und sind in seiner Logik daher unsozial. Statt »inszeniertem Klassenkampf« empfiehlt der Christdemokrat »konstruktive Partnerschaft«, und die gehe über die Geldanlage in Aktien. Da die Menschen der Börse jedoch eher skeptisch gegenüberstehen, müssen sie zu ihrem Glück gezwungen werden: »Der Gesetzgeber sollte eine Verpflichtung zur privaten, kapitalmarktorientierten Vorsorge für das Alter ernsthaft prüfen«, rät Merz, der den deutschen Aktienmuffeln die USA als Beispiel vorhält, weil man dort der Börse gegenüber aufgeschlossener sei. Merz möchte also deutsche Lohnbestandteile an die Börse leiten, wo sie als Material für die Profi-Spekulanten dienen - Profi-Spekulanten wie die Investmentgesellschaft Blackrock, als deren Aufsichtsratschef in Deutschland Friedrich Merz fungiert. In den USA verwaltet Blackrock laut einer neuen Studie der Harvard Law School bereits etwa sieben Prozent aller Aktien aus dem Börsenindex S&P 500. Gemeinsam mit den beiden anderen Investmentfonds-Riesen Vanguard und State Street kontrolliert Blackrock derzeit etwa 25 Prozent aller Aktienstimmrechte, in 20 Jahren könnten es 40 Prozent sein. Mit ihrer Macht trimmen die Fondsmanager die Unternehmen auf Rendite, was die Löhne in den USA drückt. Profiteure sind weniger die Kleinaktionäre, sondern die reichsten zehn Prozent der US-Haushalte. Denn ihnen gehören 85 Prozent aller Aktien. So geht »konstruktive Partnerschaft«. Stephan Kaufmann
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