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Facebook greift mit Libra nach der Staatsmacht

Der Internetkonzern stößt mit seiner Idee einer neuen Digitalwährung Libra auf heftige Kritik

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 4 Min.

Es hört sich zunächst alles sehr weltverbessernd an - wie so oft, wenn große Internetkonzerne aus dem Silicon Valley neue Geschäftsmodelle vorstellen. »Überall auf der Welt zahlen Menschen mit weniger Geld mehr für Finanzdienstleistungen«, heißt es im »White Paper« zu der Digitalwerbung Libra, die Facebook diese Woche vorstellte. 1,7 Milliarden Menschen hätten gar keinen Zugang zu traditionellen Banken und müssten deshalb für Geldtransaktionen via Finanzdienstleister wie Western Union überteuerte Gebühren zahlen.

Das alles will Facebook-Gründer Mark Zuckerberg jetzt angeblich mit seinem Cryptogeld ändern. »Die Mission von Libra ist es, eine einfache globale Währungs- und Finanzinfrastruktur zu ermöglichen, die Milliarden von Menschen bestärkt«, heißt es weiter im »White Paper«. Doch von Ökonomen und Politikern erntet der Konzern heftige Kritik. Denn in der Vergangenheit geriet er vor allem durch Datenskandale wie jenem von Cambridge Analytica in die Schlagzeilen, bei dem mit Hilfe von Milliarden Facebook-Nutzerdaten massiv Einfluss auf die letzten US-Präsidentschaftswahlen genommen wurde. Und nun greift Facebook nach einer der wichtigsten hoheitlichen Staatsaufgaben: der Geldschaffung.

In einer Zeit, in der die großen Technologiekonzerne wegen »ernsthafter kartellrechtlicher Bedenken« massiv in den Fokus der Gesetzgebung geraten sind und »alle Regierungen, selbst die USA, hart gegen diese Monopole vorgehen wollen, will Facebook eine globale Fed ohne Banklizenz werden«, schreibt etwa der renommierte US-Ökonom Nouriel Roubini mit Bezug auf die US-Notenbank Fed auf Twitter. Mit der Währung werde Facebook auf Kosten der Nutzer ein Vermögen machen.

Genauso wie die derzeit bekannteste Digitalwährung Bitcoin soll das Facebook-Geld auf der sogenannten Blockchain-Technologie beruhen, bei der jede Transaktion in eine kontinuierlich erweiterbare Liste von Datensätzen eingeschrieben wird. Dies soll die Währung möglichst sicher vor Diebstahl und Betrug machen. Doch im Gegensatz zu Libra war Bitcoin zumindest am Anfang eine Graswurzelbewegung von Internetaktivisten, die nach der großen Finanzkrise von 2007/8 ein dezentrales Geldsystem von unten aufbauen wollten.

Facebook will sein Geldsystem, dessen Einheiten über seine Chatprogramme Messanger und Whatsapp austauschbar sein sollen, nicht allein und nicht selber betreiben. So soll die Libra Association das Digitalgeld verwalten, in der sich Facebook mit 27 anderen Konzernen wie den Finanzdienstleistern Visa und Paypal zusammen geschlossen hat. Auch Vodafone, Ebay sowie die umstrittenen Fahrdienstvermittlern Uber und Lyft sind mit dabei. Zum Libra Start 2020 will man mehr als 100 Unternehmen in der Allianz haben. Libra-Kritiker Roubini nennt sie einen nicht vertrauenswürdigen, privaten, oligopolistischen Club.

Dabei dürfen nur Konzerne Gründungsmitglieder werden, die einen Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar oder mehr als 20 Millionen Kunden haben. Zudem müssen mindestens zehn Millionen Dollar in die gemeinsame Währung investiert werden. Damit will man sicherstellen, dass es zu keinen größeren Kursschwankungen bei Libra kommt. Denn diese hat es bei etablierten Cryptowährungen wie Bitcoin bereits mehrfach gegeben. So schoss dessen Wert im Jahr 2017 von anfangs 900 auf rund 20 000 Dollar im Dezember in die Höhe, um in den ersten drei Monaten 2018 wieder auf unter 7000 Dollar abzusacken. Deswegen soll Libra auch ein sogenanntes Vollgeld sein. Das heißt, dass sein Wert vollständig durch andere Wertgegenstände gedeckt ist. »Wenn zum Beispiel jemand Libra für 100 Euro kauft, fließen diese 100 Euro in die Reserve«, sagte der für das Projekt zuständige Facebook-Manager David Marcus gegenüber dpa. Die Libra Association werde zudem festlegen, in welchem Verhältnis Währungen und Wertpapiere wie Anleihen in der Reserve gehalten werden, um für einen stabilen Kurs zu sorgen.

Doch ob Libra so kommen wird, wie es Facebook und Co. wollen, bleibt abzuwarten. Zumindest regt sich in der Politik bereits Widerstand. »Wir können Facebook nicht erlauben, eine riskante neue Kryptowährung von einem Schweizer Bankkonto aus ohne Aufsicht auszuführen«, erklärte der US-Demokrat Sherrod Brown. Und auch der ranghöchste Republikaner im Finanzausschuss des US-Repräsentantenhauses, Patrick McHenry, sagte, dass es »viele offene Fragen bezüglich des Umfangs und der Größenordnung des Projekts« gebe. Es müsse geprüft werden, wie Libra mit dem globalen Finanzregulierungsrahmen vereinbar sein werde.

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