Komm mit ins Abenteuerland

  • Lesedauer: 2 Min.

Freiheit ist immer die Freiheit des anders Geld Verdienenden (J. Gauck u.a.), das ist einer der demokratischen Leitsätze, die wir aus der sogenannten Wiedervereinigung Deutschlands lernen durften. Der Schrei nach Freiheit, den man vor 30 Jahren in der Bevölkerung der DDR vernahm, war so laut, dass der sogenannte antifaschistische Schutzwall zum Einsturz gebracht wurde, auf dass die Freiheit endlich Einlass fände. Und die kam dann auch. Und sie kam ganz und gar so, wie es der Schriftsteller Ronald M. Schernikau im März 1990 auf dem Schriftstellerkongress der DDR angekündigt hat: »Wer die Gewerkschaft fordert, wird den Unternehmerverband kriegen. Wer den Videorekorder will, wird die Videofilme kriegen. Wer die Buntheit des Westens will, wird die Verzweiflung des Westens kriegen. Wer Bananen essen will, muss Neger verhungern lassen.«

Die allseitige und freie Entfaltung der Persönlichkeit, sie wurde jetzt endlich ermöglicht. Wenigstens so lange, bis das Begrüßungsgeld aufgebraucht war. Und dort, wo einst die verhasste Mauer stand, stehen heute Monumente der Freiheit: Luxusapartmenthäuser und Gebäude, die nach Automobil- und Versicherungskonzernen benannt sind.

Seit einer Woche steht es im Innenhof des Berliner Museum Hamburger Bahnhof: ein Segment der Berliner Mauer, in das ein Geldautomat eingelassen ist. Das Kunstwerk des dänisch-norwegischen Künstlerduos Elmgreen & Dragset heißt »Statue of Liberty«.

Eine der Fähigkeiten, die dem gelungenen Kunstwerk vorbehalten sind, besteht darin, den Nachgeborenen jene Wahrheit kundzutun, die im Wust der alltäglich aufs Neue veröffentlichten Meinung zu verschwinden droht. 1995 wurde einer der bekanntesten Schlager der Bietigheimer Popgruppe Pur veröffentlicht, »Abenteuerland«. Die schönsten Verse darin lauteten: »Komm mit ins Abenteuerland / Der Eintritt kostet den Verstand.« tbl

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.