Werbung

Empörungslogik

Uwe Kalbe über die kleine Krise der Großen Koalition im EU-Personalhader

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 1 Min.

Wer an der Wahl zum EU-Parlament teilnahm, muss sich inzwischen veralbert vorkommen. Die Aussicht, mit seiner Stimme Einfluss auch auf den künftigen Kommissionspräsidenten zu nehmen, gehörte zum Deal bei dieser Wahl. Der gilt nun nichts mehr, und wie sich zeigt, gelten Regeln generell nichts. Das Spitzenpersonal der mächtigsten Länder kungelt die EU-Spitzenposten freihändig an irgendeinem Spieltisch zwischen den Mahlzeiten in Brüssel aus, das Publikum hat das Ergebnis zu schlucken.

So war es bisher immer, und man kann Angela Merkel nicht vorwerfen, dass sie dabei nicht diplomatisch agiert hätte. Als ihr Lieblingskandidat Weber sich als Illusion erwies, sprach sie sich für den Sozialdemokraten Timmermans aus. Man kann sich vorstellen, wie ihr zumute war, als sie bei der Abstimmung über ihre Parteikollegin Ursula von der Leyen im Rat die Enthaltung wählte, weil zu Hause die Sozialdemokraten moserten.

Diesen aber steht die Empörung schlecht. Sie erregen sich nicht über das Auskungeln der Kandidaten; nur das Ergebnis passt ihnen nicht. Was Ursula von der Leyen als EU-Kommissionschefin qualifiziert, weiß niemand, auch sie selbst nicht. Doch jetzt die Koalitionsfrage zu stellen, wirkt nicht glaubwürdig. Dafür gäbe es andere Gründe. Das letzte Wort wird jetzt hoffentlich ohnehin nicht in Berlin fallen, sondern im EU-Parlament.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!