• Politik
  • Vergewaltigung auf Mallorca

»Deutsches Rudel« im Vergewaltigungsurlaub

Erneute Gruppenvergewaltigung auf der Ferieninsel/ Feministinnen protestieren gegen sexualisierte Gewalt

  • Lou Zucker
  • Lesedauer: 3 Min.

Für viele Deutsche ist Mallorca gleichbedeutend mit einem Raum, in dem die Regeln des respektvollen Miteinanders ausgehebelt sind. Ein Ort, an dem man einmal im Jahr »die Sau rauslassen« kann, ohne Konsequenzen für das Alltagsleben. Dann kann man ins Flugzeug steigen und den Rest des Jahres wieder die Rolle des unbescholtenen Bürgers einnehmen. Doch das Verhalten deutscher Urlauber auf Mallorca wird zunehmend zum Problem: Erst Anfang Juni hatten zwei deutsche Neonazis einen senegalesischen Türsteher zusammengeschlagen. Nun haben offenbar mehrere Deutsche eine 18-Jährige vergewaltigt.

Der Fall setzt eine Reihe von Gruppenvergewaltigungen fort, die in Spanien im vergangenen Jahr immer wieder zu Protesten geführt haben. Mehr als 300 Menschen haben am Montag Abend an unterschiedlichen Orten auf Mallorca gegen sexualisierte Gewalt demonstriert. Die feministischen Organisationen »Moviment Feminista de Mallorca« und »Brilla Illes Balears« hatten zu den Kundgebungen aufgerufen. Auslöser waren drei Vergewaltigungsfälle, die sich vergangene Woche in den Vergnügungsvierteln Mallorcas und Barcelonas ereigneten.

Im Fall der 18-Jährigen sitzen zwei Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Sie wurden am Flughafen kurz vor ihrer Rückreise nach Deutschland aufgegriffen. Zwei weitere Deutsche kamen vorläufig wieder frei. Die mutmaßlichen Täter behaupten, der Sex in einem Hotelzimmer in Cala Rajada sei einvernehmlich gewesen. Die Betroffene hat jedoch Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet, eine ärztliche Untersuchung legt dies ebenfalls nahe.

Die Demonstrationen richteten sich außerdem gegen eine Gruppenvergewaltigung durch Schweizer Touristen am Strand von Barcelona und gegen die Vergewaltigung einer Minderjährigen in Barcelonas Partyviertel »Port Olímpic«. Alle drei Fälle ereigneten sich zwischen Donnerstag und Freitag vergangener Woche innerhalb von 24 Stunden. In der Nacht auf Sonntag wurde der mallorkinischen Zeitung »Ultima Hora« zufolge ein 19-Jähriger Ire von zwei Männern vergewaltigt. Erst kürzlich war außerdem die Gruppenvergewaltigung einer 14-Jährigen aus dem Jahr 2016 ans Licht gekommen – ebenfalls in Katalonien. Die Betroffene hatte am Montag erstmals vor Gericht ausgesagt.

»Der Feminismus kann angesichts dieser Vergewaltigungsfälle nicht untätig bleiben«, sagte eine Aktivistin auf der Kundgebung in Palma de Mallorca. Weiter forderten die feministischen Gruppen in ihren Reden »ein System des Zusammenlebens, in dem Frauen in Freiheit und Souveränität über unsere Körper und unsere Sexualität bestimmen können«. Sprechchöre skandierten »Nein heißt nein« und »Es ist kein Missbrauch, es ist Vergewaltigung«.

Der letzte Slogan war während der Massenproteste gegen ein Gerichtsurteil im vergangenen Jahr aufgekommen. Die Vergewaltigung einer damals 18-Jährigen durch eine Gruppe von fünf Männern während eines Volksfestes in Pamplona war nur als »Missbrauch«, nicht aber als »Vergewaltigung« anerkannt worden. Der Unterschied besteht im spanischen Sexualstrafrecht darin, ob Gewalt und Einschüchterung vorliegen oder nicht. Außerdem, so die Argumentation der Richter, habe sich die Betroffene nicht gewehrt. Dieselbe Unterscheidung spielt auch im aktuellen Fall der 14-Jährigen eine Rolle.

Nachdem in ganz Spanien Tausende wiederholt auf die Straße gegangen waren, verschärfte das Gericht das Urteil Ende Juni von neun auf fünfzehn Jahre Haft. In den Medien werden die fünf Männer als »la Manada« – das Rudel – bezeichnet. Nach dem Vorfall auf Mallorca sprechen spanische Medien nun zum Teil vom »deutschen Rudel«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
Dazu passende Podcast-Folgen:

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.