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Vom Westen in den Osten

Wie Treuhand und D-Mark-Einführung in Ostdeutschland wirkten.

  • Eva Roth
  • Lesedauer: 3 Min.

Obwohl seit 1990 Milliardensummen nach Ostdeutschland geflossen sind, ist die Wirtschaft bis heute unproduktiver als im Westen, die Gehälter sind viel niedriger und die Arbeitslosigkeit höher. Denn die Politik hat einerseits Geld für die Infrastruktur bereitgestellt, andererseits mit wirtschaftspolitischen Entscheidungen nach dem Mauerfall ökonomische Verwüstungen angerichtet, die bis heute nachwirken.

Eine zentrale Weichenstellung war die Währungsunion im Jahr 1990, die wie eine »Neutronenbombe« auf die ostdeutsche Wirtschaft gewirkt hat, so der Berliner Finanzwissenschaftler Ulrich Busch. Damals wurden laufende Transaktionen, zu denen Löhne, Mieten und Renten gehören, im Verhältnis 1:1 umgestellt: Statt 1000 DDR-Mark Gehalt bekamen Beschäftige 1000 D-Mark. Genau das wollten viele DDR-Bürger. Die Umstellung war auch einerseits plausibel, um die Einkommen der Menschen zu sichern.

Beim Einkommen gibt es immer noch eine relativ klare Grenze zwischen Ost und West

Andererseits bedeutete der 1:1-Tausch für Unternehmen »eine faktische Aufwertung der Währung um 300 bis 400 Prozent«, so Busch. Und damit drastisch höhere Lohnkosten. Etliche Betriebe waren dadurch nicht mehr wettbewerbsfähig. Gleichzeitig ging die Nachfrage nach Ost-Produkten massiv zurück, weil DDR-Bürger West-Waren ausprobierten und West-Supermärkte fast nur West-Waren anboten. Das Ergebnis war ein wirtschaftlicher Kollaps: Die Industrieproduktion sank innerhalb weniger Monate um zwei Drittel. Ein Großteil der DDR-Betriebe verschwand.

Bis heute wirkt auch die Art und Weise nach, wie die Treuhand-Anstalt die Privatisierung der Unternehmen organisiert hat. Die Treuhand habe in der Regel ostdeutsche Betriebe an westdeutsche Firmen verkauft, sagt Uwe Blien, Mitautor einer Studie über die Entwicklung Ostdeutschlands und Fachmann für regionale Arbeitsmärkte am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Ost-Fabriken wurden so zu Ablegern von West-Unternehmen, die Steuerung verblieb in der Regel im Westen, ebenso wie die Firmenzentralen und Entwicklungsabteilungen mit gut bezahlten Beschäftigten. In Ostdeutschland errichteten dann westdeutsche Konzerne Fabriken, in denen die Beschäftigten niedriger entlohnt wurden.

Hingegen entstanden im Osten nur relativ wenige Ballungszentren, in denen Firmen und Hochschulen vor Ort kooperieren. »Darum fehlen Entwicklungsimpulse durch solche industriellen Kerne«, so Blien Lediglich in Städten wie Jena, Leipzig, Dresden oder Berlin gebe es mittlerweile derartige Cluster, in denen ein sich selbst tragendes Wachstum und Innovationen entstehen können und die nicht vom Westen aus gesteuert werden.

Die Abwicklung der DDR-Betriebe wurde nicht durch eine aktive Industriepolitik aufgefangen, sagt auch der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel.

Die Politik könnte im Prinzip nun, 30 Jahre nach dem Mauerfall, beginnen, in Ostdeutschland regionale Cluster energisch zu fördern. Schließlich ist eine aktive Industriepolitik auch für konservative Politiker kein Tabu mehr. So will der CDU-Wirtschaftsminister Altmaier in Deutschland die Produktion von Batteriezellen ansiedeln. Doch kürzlich wurde bekannt, dass eine staatliche geförderte Forschungsfabrik für Batteriezellen in Münster angesiedelt wird, nicht in Ostdeutschland.

Tatsächlich sind die Bedingungen für Industrieansiedlungen in vielen ostdeutschen Gegenden mittlerweile nicht gut, so Busch. Die jahrzehntelange verfehlte Wirtschaftsstrategie hat Spuren hinterlassen: In Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt seien viele junge, qualifizierte Leute längst abgewandert. »Das ist keine gute Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung.«

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