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Leerstand und Wohnungsnot
Der Berliner Speckgürtel und die ländlichen Regionen Brandenburgs driften auseinander
»Diskussionen um Mietendeckel, Wohnungsnot oder Mietenexplosion haben im Land Brandenburg keine sachliche Grundlage«, behauptet am Dienstag Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU).
Zum Beweis ihrer These präsentiert sie Zahlen über Zahlen. In Brandenburg liegt die durchschnittliche Nettokaltmiete demnach bei 5,07 Euro je Quadratmeter, was 1,65 Euro weniger sind, als Berliner laut Mietspiegel bezahlen müssen. Weit weg von Berlin sind die Mieten sogar 1,90 Euro billiger, im Berliner Speckgürtel aber immerhin auch noch 1,14 Euro günstiger als in der Bundeshauptstadt selbst.
Die Mieten sind zwar auch in Brandenburg gestiegen - von 4,61 Euro je Quadratmeter im Jahr 2012 auf die genannten 5,07 Euro. Doch während die Mieten auf diesen Zeitraum gerechnet nur um 1,7 Prozent pro Jahr angehoben worden sind, habe das mittlere Nettoeinkommen eines Zwei-Personen-Haushalts im Bundesland um jährlich 4,2 Prozent zugelegt. Daraus zieht Maren Kern die Schlussfolgerung, dass die finanzielle Belastung durch die Miete unter dem Strich geringer geworden ist. Auch für die Städte Potsdam und Cottbus legt sie Zahlen vor, denen zufolge die Mieten mit den steigenden Einkommen nicht Schritt gehalten haben. »Im Land Brandenburg kann vor dem Hintergrund dieser Fakten an keiner Stelle von einer Mietenexplosion gesprochen werden«, betont sie. »Die Diskussionen über einen Mietendeckel gehen deshalb an der Realität vorbei.«
Dem tritt die Landtagsabgeordnete Anita Tack (LINKE) allerdings entschieden entgegen. Sie beurteilt die Lage anders und sagt: »Schaut man sich die Entwicklung in Potsdam und im Berliner Umland an, muss man die Debatte zum Mietendeckel auch im Bündnis für Wohnen im Land Brandenburg weiter führen.« Nicht von ungefähr fördere die rot-rote Landesregierung mietpreisgebundenen Wohnraum, der vielerorts bitter nötig sei. Denn der Anteil der Sozialwohnungen am Bestand sei in den letzten Jahren »drastisch gesunken«, erinnert Tack. Von Wohnungsnot wird gesprochen, wenn weniger als drei Prozent der Quartiere frei sind. Demnach herrscht mit einer Leerstandsquote von lediglich 2,4 Prozent Wohnungsnot auch im Berliner Umland und nicht nur in Berlin, wo die Quote bei 1,7 Prozent liegt. Betroffen von Wohnungsnot sind Städte und Gemeinden wie Bernau und Wildau mit jeweils 0,7 Prozent Leerstand, in Teltow (1,1 Prozent), in Königs Wusterhausen (1,5 Prozent), in Hennigsdorf (1,7 Prozent), in Falkensee (1,9 Prozent) und auch in Potsdam (2,7 Prozent). In Kleinmachnow ist mit 0,4 Prozent praktisch keine Mietwohnung mehr zu haben.
Auf der anderen Seite gibt es auch Probleme mit viel zu großem Leerstand, die sogar wieder zunehmen. In der Prignitz stehen nun 18 Prozent der Quartiere leer, in Spree-Neiße sind es sogar 18,3 Prozent. In einzelnen Städten sind die Zahlen noch dramatischer. In Lauchhammer sind es beispielsweise 30,2 Prozent, in Forst 27,8 Prozent und in Wittenberge 21,5 Prozent. Ein gewisser Leerstand ist für Mieter von Vorteil, weil sie sich dann aus reichlichen Angeboten eine passende, bezahlbare Bleibe aussuchen können. Doch Leerstand kostet die Vermieter auch etwas - und das müssen sie irgendwo wieder reinholen, indem sie beispielsweise bei der Instandhaltung sparen. Ein Leerstand von 20 und mehr Prozent darf also auch die Mieter nicht freuen. Dazu muss man wissen, dass seit 1990 in Brandenburg bereits 60 000 Wohnungen abgerissen worden sind und noch immer beziehungsweise jetzt wieder 27 000 Wohnungen leer stehen.
Nicht immer gibt es zum Abriss keine Alternative. Zuweilen wäre es eine Lösung, bessere Zugverbindungen nach Berlin zu schaffen. Denn Pendeln zur Arbeit lohnt sich, wenn eine 60-Quadratmeter-Wohnung im Jahr 1000 Euro billiger ist als in Berlin und die Monatskarte nicht allzu teuer, wie Maren Kern vorrechnet. So immer noch relativ nah an einer Metropole würde es anderswo nicht so viel Leerstand geben, sagt sie.
Das Ding bei allen genannten Zahlen zum Wohnungsmarkt ist, dass es sich hierbei nur um die Daten jener Wohnungsunternehmen handelt, die im BBU organisiert sind. Die Zahlen geben insofern eine gute Orientierung, da BBU-Mitgliedsunternehmen mit zusammen knapp 340 000 Quartieren etwa die Hälfte des brandenburgischen Mietwohnungsbestandes bewirtschaften. In erster Linie geprägt wird der BBU allerdings durch die Wohnungsgenossenschaften und die kommunalen Wohnungsgesellschaften, die es in der Regel nicht darauf anlegen, kräftig abzukassieren, da sie nicht gehalten sind, maximale Profite für Finanzinvestoren zu erwirtschaften. Nur in einem geringeren Maße sind private Firmen mit an Bord. Seite 11
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