Die Demokratie hat einen Haken

In Sudan haben Militär und Opposition ihre nächsten gemeinsamen Schritte verkündet

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach einem wochenlangen Verhandlungsmarathon haben am Mittwochmorgen die führenden Generäle des Militärrats und die Vertreter der Allianz für Freiheit und Wandel, des größten oppositionellen Bündnisses in Sudan, das erste Abkommen über eine gemeinsame Übergangsregierung unterschrieben. Das Dokument, das keinerlei rechtliche Bindung besitzt, soll einen Rahmen für die nun fortwährenden Verhandlungen über eine neue Verfassung aufzeichnen.

Der Sprecher der Allianz des Wandels bei den Verhandlungen, Malik Abu al-Hasan, bestätigte, dass es nun der nächste Schritt sei, die Kernthemen der politischen Einigung rechtlich bindend in die zukünftige Verfassungserklärung zu übernehmen. In den kommenden Tagen wollen Militärrat und Oppositionsgruppen diese verfassungsähnliche Erklärung schließen, die die Machtverteilung zwischen den Staatsorganen endgültig regeln soll.

In dem Abkommen vom Mittwoch wurden daher zwei Räte vereinbart: ein Regierungs- und ein gesetzgebender Rat. Beide sollen das Land während der dreijährigen Übergangsphase leiten und dazu führen, dass Schritt für Schritt freie Wahlen organisiert werden, durch die das Volk schlussendlich eine eigene Regierung bestimmen soll.

Bis dahin soll das führende Gremium des nun vereinbarten Regierungsrats aus elf Personen bestehen. Jeweils fünf ranghohe Militärs und fünf Vertreter der zivilen Opposition. Das elfte Mitglied soll im Einverständnis der zivilen und militärischen Vertreter ernannt werden. Ursprünglich hatte das Militär darauf beharrt, dass die Gesamtführung weiter in seinen Händen bleiben solle, doch schließlich gaben die Generäle nach: In der ersten Hälfte der dreijährigen Übergangsphase soll ein ranghoher Militär das Amt innehaben, danach soll ein Vertreter der zivilen Opposition übernehmen.

Bei den anderen Eckpunkten der Abkommen besteht jedoch weiterhin Uneinigkeit. In dem am Mittwoch unterschriebenen Abkommen soll nur die tatsächliche Etablierung festgelegt worden sein. Die Vertreter beider Parteien sollen sich jedoch über die tatsächliche Zusammensetzung sowie auch die Arbeitsweise des Rates uneinig sein. Die Allianz für Freiheit und Wandel fordert 67 Prozent der Sitze und damit eine entscheidungsfähige Zwei-Drittel-Mehrheit - das Militär soll, trotz ursprünglicher Zusage, nun zurückrudern.

Dem Abkommen zufolge wird ein unabhängiges Untersuchungskomitee eingesetzt, um das Massaker vom 3. Juni zu untersuchen, als Sicherheitskräfte gewaltsam das zentrale Protestcamp der Demonstranten in der Hauptstadt Khartum auflösten - mehr als 100 Zivilisten sind dabei ums Leben gekommen, über 800 wurden verletzt.

Doch es gibt einen Haken: Anhand dessen, was bislang bekannt ist, soll der nun erwartete Verfassungsentwurf sämtlichen Generälen des militärischen Übergangsrats Immunität in jeglichem Bezug auf das Massaker gewähren. Die Allianz für Freiheit und Wandel hatte deshalb kürzlich ihre Ablehnung der absoluten politischen Immunität der Generäle zum Ausdruck gebracht. Sie beharren weiter auf der zentralen Forderungen vieler Sudanesen, dass - sollte einem General eine Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen, Mord oder anderen Verbrechen nachgewiesen werden - die Immunität des Schuldigen aufgehoben werden kann.

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