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Die beste Taktik siegt nicht immer
Simon Yates gewinnt die 12. Etappe der Tour de France, ein deutsches Team geht leer aus
Vom ersten Pyrenäentag der 106. Tour de France hatten sich viele Fans ein Feuerwerk mit vielen Angriffen erhofft, am Ende wurde es eine Etappe voller Taktik. Sie begann mit einer Massenflucht. Gleich 42 Fahrer entfernten sich aus dem Fahrerfeld. Es wären wohl noch mehr gewesen, wenn nicht das Team Ineos in breiter Front die Straße »blockiert« hätte.
Die Ziele der 42 waren durchaus unterschiedlich. Die Sprinter um Peter Sagan und Sonny Colbrelli hatten es auf die Punkte des Zwischensprints in Bagneres-de-Luchon abgesehen, der glücklicherweise noch vor dem ersten hohen Berg des Tages lag. Kletterkönig Tim Wellens aus Belgien wollte sich hingegen ein paar weitere Bergpunkte fürs gepunktete Trikot sichern. Ein paar Helfer hatten sie auch noch dabei, der Berliner Roger Kluge stahl sich für Wellens mit in die Fluchtgruppe. Team Bora-hansgrohe war gleich mit vier Mann vertreten, neben Sagan noch mit dem Italiener Daniel Oss, dem Osterreicher Gregor Mühlberger und dem Berliner Maximilian Schachmann.
Die Rechnungen der Trikotträger gingen allesamt auf. Sagan holte sich die volle Punktzahl vor Cobrelli. Der Italiener schob sich immerhin auf Platz zwei der Wertung hinter Sagan vor. Der Slowake hat jedoch schon einen gewaltigen Vorsprung von 86 Punkten. Auch Wellens war erfolgreich, fügte weitere Bergpunkte seinem Konto zu. Bergkönig wie Sprintkönig ließen sich dann nach getaner Arbeit auf dem Weg zum ersten großen Anstieg, dem Col de Peyresourde, vom langsam hinterherfahrenden Feld wieder einsammeln.
Max Schachmann hatte es hingegen auf den Etappensieg abgesehen. »Vielleicht schicken wir Max in eine Fluchtgruppe«, hatte Teamchef Ralph Denk zuvor dem »nd« verraten. Und »schicken« bedeutet für den Berliner, der bereits eine Etappe beim Giro d’Italia gewonnen hatte, auch hier einen Tageserfolg anzupeilen.
Noch entschlossener als Schachmann schienen an diesem Tag aber Teamkollege Mühlberger und der Brite Simon Yates. Die beiden lösten sich von der am Berg auseinanderbrechenden Fluchtgruppe und nahmen gemeinsam den letzten Anstieg zur Hourquette d’Ancizan in Angriff. »Bei der Attacke der beiden konnte ich nicht nachsetzen. Aber taktisch lief das für uns perfekt«, sagte Schachmann im Ziel. Den beiden Ausreißern folgte noch der Spanier Peio Bilbao, der in der letzten Abfahrt ins Etappenziel Bagnderes-de-Bigorre den Anschluss herstellte.
Zu dritt jagten sie ins Tal, verfolgt von einer Gruppe, in der Schachmann als Aufpasser feststeckte und nicht hinterherfahren durfte, um Mühlbergers Chancen auf den Tagessieg nicht zu gefährden. Die Bora-Fahrer machten das taktisch äußerst geschickt. Sie verhielten sich wie zwei Alte. Dabei fährt Mühlberger erst seine zweite Tour, für Schachmann ist es sogar die allererste.
Die große Favoritengruppe wurde weiter von Ineos kontrolliert. Im Block fuhren die Männer in den burgundfarbenen Trikots den Peyresourde hinauf. Auf dem Ancizan mussten die Briten auch keinem direkten Kontrahenten hinterherstiefeln, denn das Peloton schien einen Waffenstillstand geschlossen zu haben. Einträchtig fuhr man den Anstieg hoch, kompakt ging es auch in die Abfahrt. Der Franzose Julian Alaphilippe musste sich so auch nicht anstrengen, um sein Gelbes Trikot vor dem Einzelzeitfahren an diesem Freitag zu verteidigen.
Das Führungstrio des Tages arbeitete derweil harmonisch zusammen. In der Abfahrt und auf dem folgenden Flachstück wurde sich abgewechselt. Weder die Verfolger noch das Peloton kamen entscheidend heran. In dem Dreiersprint startete dann der frühere Vueltasieger Yates als Erster und hielt seine Rivalen knapp in Schach. Mühlberger wurde Dritter. Am Ende entschieden doch die schnelleren Beine und nicht immer nur die Taktik. Irgendwie ist das auch etwas beruhigend.
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