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Mexiko soll Drecksarbeit erledigen
US-Außenminister Pompeo fordert vom Nachbarland, schärfer gegen Migration vorzugehen
Von einer Unterredung auf Augenhöhe kann keine Rede sein: Am Sonntagmorgen traf US-Außenminister Mike Pompeo nach seinen Kurzbesuchen in Argentinien und Ecuador in Mexiko-Stadt bei seinem Amtskollegen Marcelo Ebrard ein. Die Gesprächsthemen: Immigration und Handel. Für das Ungleichgewicht zwischen den beiden sorgt auch ein Ultimatum von US-Präsident Donald Trump an Mexiko, das am Montag abläuft: Mexiko müsse Migrant*innen auf dem Weg an die US-Südgrenze aufhalten, sonst werde Washington die Handelsbeziehungen zum südlichen Nachbarn verschärfen. Trump hatte ursprünglich Strafzölle auf mexikanische Importe angekündigt, diese dann aber wieder vorübergehend fallen gelassen. Gleichzeitig ist umstritten, ob sich im US-Kongress eine Mehrheit für das Nachfolgeabkommen der Freihandelsvereinbarung NAFTA findet. Trump hatte NAFTA aufgekündigt. Eine neue Vereinbarung soll Ende dieses Jahres dem Kongress vorgelegt werden.
In der vergangenen Woche hatte die Trump-Regierung die seit Jahrzehnten geltende US-Asylpolitik umgeworfen und angekündigt, dass ab sofort Asylgesuche abgewiesen werden, wenn ihre Antragsteller durch einen »sicheren Drittstaat« an die US-Südgrenze gelangten. Das betrifft so ziemlich alle Flüchtlinge aus Zentralamerika sowie Migrant*innen aus afrikanischen Ländern, aus Kuba und Haiti. Faktisch erklärte die Trump-Regierung Mexiko wie auch Guatemala unilateral zu »sicheren Drittstaaten«.
Mexiko signalisiert schon seit Langem und erneut vor Pompeos Besuch, dass es dem Druck der USA in der Frage des »sicheren Drittstaates« nicht nachgeben werde. Die Botschafterin in Washington, Martha Barcena, sagte am Donnerstag, ihre Regierung werde ein entsprechendes Abkommen nicht unterzeichnen. Außenminister Ebrard bekräftigte dies tags darauf: Mexiko sei seinen Verpflichtungen nachgekommen, es liege an den USA, ihrerseits ihren Versprechungen nach einer vernünftigen Einwanderungs- und Asylpolitik nachzukommen.
Die Zahl der aufgegriffenen Migrant*innen an der US-Südgrenze war im Juni um ein Drittel auf etwa 100 000 zurückgegangen. Ein Grund ist Mexikos verschärftes Vorgehen gegen Migrant*innen: 21 000 Mitglieder der militarisierten Nationalgarde wurden entsandt, um die Grenze zu den USA zu überwachen.
Dort herrschen seit der Kehrtwende gegenüber Asylsuchenden Verwirrung und Angst. Darüber berichteten Journalist*innen etwa aus Nueva Laredo, einer Stadt an der Grenze zu Texas. Wer dort die Grenze erreicht, wird sofort zurückgeschickt. Manche Asylsuchende bekommen ein Schreiben mit einer Adresse und einem Datum für eine richterliche Anhörung, die erst Monate später anberaumt ist. Andere verbringen tage- oder wochenlang in einem Abschiebelager in den USA oder ziehen mittel- und ziellos von einer Notunterkunft zur nächsten. Der 29-jährige Nolvon Gotoy aus Guatemala sagte einem Reporter, er, seine Frau und ihr zweijähriger Sohn würden auf eine Anhörung warten. Die Familie sei hoch verschuldet, weil sie einem Fluchthelfer 10 000 Dollar bezahlten. Der brachte sie zum Grenzfluss Rio Grande, wo sie sich den US-Behörden stellten, um ein Asylgesuch zu stellen. Doch dann kam die neue Regelung.
Laut der Juristin Kate Jastram von der University of California ist die Zahl der Familien, die aus Zentralamerika fliehen und sich in die USA aufmachten, seit 2014 massiv angestiegen. Bis dahin seien es vor allem alleinstehende Männer gewesen, die nicht Asyl, sondern Arbeit und Einkommen suchten. Jetzt handele es sich um Familien mit Kindern auf der Suche nach Schutz, wie etwa die 7000 Migrant*innen im Flüchtlingstreck im November 2018, die der Gewalt in Honduras, Guatemala und El Salvador entkommen waren.
Gegen die verschärfte Asylregelung kündigte die amerikanische Bürgerrechtsorganisation »American Civil Liberties Union« eine Klage an. Der auf Immigrationsrecht spezialisierte Anwalt Lee Gelernt bezeichnete sie als offensichtlich illegal. Denn laut dem Gesetz »Immigration and Nationality Act« könne jede Person an der US-Grenze Asyl beantragen, unabhängig vom Fluchtweg.
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