- Wirtschaft und Umwelt
- „Sand im Getriebe“
»Die Bewegung gegen das Auto einen Gang hochschalten«
Die Umweltaktivisten von »Sand im Getriebe« machen gegen die Internationalen Automobil-Ausstellung mobil
»Stets die nächste Kurve im Blick haben, die Kraft des Motors und den Rausch der Geschwindigkeit spüren – Autos ermöglichen ein sinnliches Erlebnis.« Wer diese Sätze auf der Internetseite der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) liest, kann ungefähr erahnen, wie viel die deutsche Autoindustrie von einer Verkehrswende hält. Eine exklusive Teststrecke, Fahrten durch die Frankfurter Innenstadt und natürlich auch über die Autobahn werden angeboten. Die IAA, die vom Verband der deutschen Autohersteller ausgerichtet wird, ist das Spitzentreffen der Branche. Doch in diesem Jahr könnte es schwieriger werden mit ungestörter PS-Protzerei und Bikini-Mädchen, die sich auf Autos räkeln. Mit »#aussteigen« und »Sand im Getriebe« kündigen gleich zwei Bündnisse Proteste gegen die Party der Autoindustrie an.
Das von Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, Campact oder der Deutschen Umwelthilfe getragene Bündnis »#aussteigen« kündigt für den 13. Und 14. September eine Fahrradsternfahrt und eine Großdemonstration gegen die Automesse an. Die Messe stehe für »größere Autos, mehr PS und mehr Verbrauch«, heißt es in dem Aufruf. »Anstatt Konsequenzen aus Klimakrise und Abgasskandal zu ziehen, schützt Verkehrsminister Andreas Scheuer die Autokonzerne«, so die Kritik. Damit müsse jetzt Schluss sein, die Bürger hätten die »autofixierte Politik« satt und wollten Städte, in denen es Spiel- statt Parkplätze gäbe und saubere Luft statt krankmachender Abgase. Wenn die IAA am 14. September für Besucher in Frankfurt am Main öffnet, will das Bündnis eine große Kundgebung vor den Toren der Messe abhalten.
Radikaler soll es am 15. September zugehen, wenn »Sand im Getriebe« die IAA blockieren will. Bündnissprecherin Tina Velo kündigt an: »Wir planen Blockaden gegen die Internationale Automobil-Ausstellung, weil wir der Meinung sind, dass es Zeit ist, die Bewegung gegen das Auto und für eine radikale Verkehrswende einen Gang hochzuschalten und zu zeigen, dass es Widerstand gegen dieses kranke Verkehrssystem gibt.« Die Messe sei die »Spitze des Eisbergs«, auf der sich Politiker und Industrievertreter treffen, um »ein Verkehrskonzept von Vorvorgestern« zu feiern. Dass bei der IAA Elektromobilität eine immer wichtigere Rolle spielt, stellt Velo nicht zufrieden. Es gehe um eine »radikale Verkehrsrevolution«, die ökologisch und sozial gerecht sein müsse.
»Sand im Getriebe« ist ein Bündnis, in dem Menschen von »Ende Gelände« und der »Extinction Rebellion« aktiv sind. Warum sich die Aktivisten die IAA ausgesucht haben, erklärt Velo so: Man habe sich gefragt, »wo die 'Kohlegruben' der Autoindustrie« seien. Irgendwo in den fließenden Verkehr eingreifen, sei nicht in Frage gekommen, weil man so die »individuellen Autofahrer« getroffen hätte. Fabriken zu besetzen oder zu blockieren sei ebenso keine Option. Mit der IAA als »Glitzer- und Glanzmesse« haben die Aktivisten den richtigen Punkt gefunden, meint Velo. Die deutsche Autoindustrie sei »Rückgrat der kapitalistischen Exportwirtschaft«. IAA-Besucher hätten allerdings nichts zu befürchten, in dem Bündnis sei es Konsens, dass niemand gefährdet werden soll.
Einen augenzwinkernden Tipp für Messebesucher hat die Bündnissprecherin allerdings: »Der 15. September könnte ein schlechter Tag für den Besuch sein, denn im besten Falle ist er dann nicht möglich, weil die Messe blockiert ist.«
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