Ehemalige DFB-Bosse angeklagt

Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach wegen der WM-Affäre in der Schweiz vor Gericht

Die Reaktionen kamen schnell und mit voller Wucht: »Auch Unsinn hat seinen Marktwert«, teilte Theo Zwanziger gegen Schweizer Ermittlungsbehörden aus. »Die Vorwürfe sind völlig haltlos« ergänzte Wolfgang Niersbach in einer eigenen Stellungnahme. Die beiden ehemaligen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes fühlen sich in der Affäre um eine geheime Millionenzahlung rund um die WM 2006 in Deutschland schon lange ungerecht behandelt. Dennoch müssen sie wohl bald in der Schweiz vor Gericht erscheinen, denn gemeinsam mit dem ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst Schmidt und dessen damaligen FIFA-Amtskollegen Urs Linsi wurden sie nach jahrelangen Ermittlungen nun angeklagt.

Franz Beckenbauer, der große Macher der Heim-WM, muss offenbar nur wegen seines aktuell schlechten Gesundheitszustands noch keine Anklage fürchten. Den anderen Vier wirft die Schweizer Bundesanwaltschaft vor, im April 2005 über den eigentlichen Zweck einer Zahlung von rund 6,7 Millionen Euro den Präsidialausschuss des WM-Organisationskomitees (OK) 2006 arglistig getäuscht zu haben.

Niersbach und Zwanziger streiten das vehement ab. »Ich mache mir um diesen Vorgang keine Gedanken, weil er mit rechtsstaatlichem Vorgehen nichts zu tun hat«, sagte Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur. »Die Schweizer Ermittler sind Getriebene, die Millionen für Ermittlungen in den Sand gesetzt haben.« Niersbach bezeichnete das Verfahren als »unsäglich« und beklagte die lange Ermittlungszeit von mehr als drei Jahren.

Das Verfahren gegen Beckenbauer war bereits abgetrennt worden, weil - wie die Behörden nun klarstellten - sein Gesundheitszustand »eine Teilnahme an der Hauptverhandlung« nicht zulasse. Dabei gilt der damalige Chef des WM-Organisationskomitees als zentrale Figur im Fall mehrfacher ominöser Zahlungen.

Ein Warten auf gesundheitliche Besserung Beckenbauers hätte jedoch die gesamte Strafverfolgung gefährdet. Bis April 2020 muss ein erstinstanzliches Urteil gefällt werden, ansonsten sind die Taten verjährt. Zwanziger und Schmidt sowie Linsi wird Betrug vorgeworfen, Niersbach die Gehilfenschaft zu Betrug. Das Schweizer Recht sieht dafür Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor.

Alles dreht sich um die noch immer nicht aufgeklärten Zahlungen von umgerechnet 6,7 Millionen Euro aus den Jahren 2002 und 2005. Beckenbauer hatte vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus einen Kredit in dieser Höhe erhalten. Das Geld floss auf Konten des FIFA-Funktionärs Mohammed Bin Hammam, der mittlerweile wegen Korruption vom Weltverband lebenslang gesperrt ist.

Zu welchem Zweck der Katarer das Geld erhielt, konnten die Ermittler nicht klären - auch weil ein Rechtshilfeersuchen von Katar unbeantwortet blieb. Beckenbauer schwieg zumindest öffentlich ebenfalls über die Verwendung des Geldes.

Spekuliert wird, dass das Geld entweder zur Bestechung von FIFA-Wahlmännern für den WM-Zuschlag an Deutschland im Jahr 2000 oder zwei Jahre später zur Finanzierung des Präsidentschaftswahlkampfs des damaligen FIFA-Chefs Joseph Blatter genutzt worden sei. Dies wird jedoch von allen Beteiligten bestritten.

Die Rückzahlung der Summe drei Jahre später jedenfalls wurde von einem DFB-Konto abgewickelt. Um dies zu ermöglichen, hätten die Beschuldigten gegenüber dem Präsidialausschuss des OK den Vorgang »wahrheitswidrig als Mitfinanzierungsbeitrag an die FIFA-Auftaktveranstaltung der WM« ausgewiesen, schrieb die Bundesanwaltschaft. Diese Veranstaltung fand aber nie statt. Beckenbauer, Schmidt, Zwanziger und Niersbach saßen allesamt im Präsidium des OK. Das Landgericht Frankfurt hatte 2018 ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung abgewiesen. Nun kommt die Affäre wohl doch noch vor Gericht.

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