- Politik
- Russland
Repressionen gegen Proteste in Moskau
Oppositioneller Ilja Jaschin wird direkt nach Freilassung wieder festgenommen / Strafverfahren wegen Anstiftung zu »Massenunruhen« eingeleitet
Moskau. Die russische Polizei hat den Oppositionspolitiker Ilja Jaschin am Sonntag gleich nach dessen Entlassung aus dem Arrest an der Moskauer Haftanstalt wieder festgenommen. Jaschin, ein enger Vertrauter des 2015 ermordeten, früheren Vizeregierungschefs Boris Nemzow, werde der Aufruf zu »Massenunruhen« vorgeworfen, sagte ein Polizist in einem Video. Jaschin veröffentlichte den Mitschnitt bei Twitter. Er hatte in dem Kurznachrichtendienst mitgeteilt, dass er nach zehntägigem Arrest um 13.00 Uhr Ortszeit wieder in die Freiheit entlassen werden sollte. Dort erwarteten ihn dann aber bereits mehrere Uniformierte mit einem Gefängnisbus und transportierten ihn ab.
Jaschin, der Kommunalpolitiker in einem Moskauer Stadtteil ist, wollte für die Wahl zum Stadtrat am 8. September kandidieren. Er hatte wie die meisten Oppositionellen keine Registrierung für die Abstimmung erhalten - wegen angeblicher Formfehler.
Oppositionsführer Alexej Nawalny sitzt ebenfalls eine Arreststrafe ab. Er soll noch im August freikommen. Viele Oppositionelle sitzen in Haft. Bei Mahnwachen gegen unfaire Wahlen hatten Moskauer am Samstag die Freilassung politischer Gefangener gefordert.
Am Montag äußerte sich die russische Tageszeitung »Wedomosti« kritisch zum Druck der Behörden auf die Organisatoren und Teilnehmer der Moskauer Proteste: »Das Arsenal der Maßnahmen für eine Einschüchterung der Teilnehmer an den Protesten wird immer breiter.«
Die Tageszeitung kritisierte, dass die Repressionen genutzt würden, um Geld zu machen. Staatsbetriebe würden auf den Plan gerufen, gegen die Organisatoren von Protesten mit Millionenklagen vorzugehen.
Lesen Sie hier den Hintergrund: Störfaktor Opposition - Die Moskauer Stadtregierung schickt zu den Lokalwahlen eigene »unabhängige« Kandidaten ins Rennen
Weiter schreibt die Tageszeitung »Wedomosti«: »Mit demonstrativer Härte der Polizei und der Nationalgarde und einer Folgenlosigkeit des Missbrauchs polizeilicher Gewaltanwendung wird versucht, einfache Bürger dazu zu bewegen, zuhause zu bleiben.« Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.