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Immer Streit mit dem Schiri
Die Tennistour ATP verbietet Referees mediale Äußerungen, die Spieler schimpfen
Es ist schon eine Weile her, dass ein argentinischer Tennisspieler den Siegerpokal eines der vier Grand-Slam-Turniere in die Höhe reckte. Vor zehn Jahren gewann Juan del Potro die US Open. Umso stolzer waren die Argentinier, dass es jüngst mal wieder einer der ihren ins Wimbledon-Endspiel schaffte. Als erster Argentinier saß Damian Steiner beim Männerfinale auf dem Schiedsrichterstuhl. Der Olymp eines Referees im Tennis. Die Partie zwischen Roger Federer und Novak Djokovic wurde das längste Finale der Geschichte Wimbledons, und Steiner war danach in seiner Heimat ein gefragter Mann. Diversen Medien gab er mehr als ein Dutzend Interviews. Doch genau die wurden ihm jetzt zum Verhängnis.
Zu Beginn der US Open am Montag wurde bekannt, dass Steiner Mitte August vom Tourorganisator ATP entlassen worden war - wegen »unautorisierter Interviews«. Er habe nicht nur nicht um die nötige Erlaubnis gefragt, sondern seine Meinung auch zu Themen kundgetan, die ihm als Schiedsrichter nicht angestanden hätten, wurde die ATP in der »New York Times« zitiert. Demnach stellte ein großer Teil der Interviews »eine direkte Verletzung des Protokolls dar, nach dem Funktionäre nicht über spezifische Match-Situationen oder Partien, Spieler, andere Funktionäre oder Regeln diskutieren dürfen, um jederzeit die Unparteilichkeit zu wahren«.
In einem der Interviews mit dem Podcast »3iguales« hatte Steiner eine Reihe von Regeländerungen vorgeschlagen: Man könnte doch die Benutzung von Handtüchern zwischen den Ballwechseln einschränken, die Wiederholung bei Netzaufschlägen abschaffen und das Coaching von Trainern während der Matches erlauben. In einem anderen Interview sagte er, dass er dachte, Federer würde Wimbledon gewinnen, als er im fünften Satz zwei Matchbälle hatte. Anzahl und Inhalte der Interviews hätten zur Entlassung statt nur einer Suspendierung geführt, hieß es nun von der ATP.
Die Demission Steiners wird zu einem Zeitpunkt bekannt, da die Schiedsrichter unter besonderer Beobachtung stehen. Vor einem Jahr sorgte der aus dem Ruder gelaufene Disput zwischen Schiedsrichter Carlos Ramos und Serena Williams für kontroverse Debatten. Auch deshalb bemüht sich die ATP um mehr Transparenz. Turnierreferee Sören Friemel und Schiedsrichterchef Jake Garner werden in diesem Jahr den Zuschauern in einem eigens geschaffenen Format Regeln und strittige Entscheidungen erklären. Zudem soll Ramos bei diesen US Open kein Spiel der Williams-Schwestern leiten.
Wie Ramos gehört Steiner zur »Gold-Badge« genannten höchsten Kategorie unter Stuhlschiedsrichtern. Diesen Status behält er zunächst. Er könnte theoretisch auch weiter bei Grand-Slam-Turnieren arbeiten, da diese nicht von der ATP, sondern vom Tennisweltverband ITF organisiert werden. Bei den US Open in New York aber wird der Argentinier nicht eingesetzt.
Auch unter den Spielern ist die Entlassung des 44-Jährigen ein Thema. Der US-Amerikaner John Isner, Nummer 14 der Weltrangliste und seit fünf Jahren Mitglied des ATP-Spielerrats, stellte sich hinter Steiner. »Ich kenne nicht die komplette Geschichte, aber die Situation erscheint mir absurd. Steiner ist ein fantastischer Schiedsrichter und sehr beliebt bei den Spielern«, twitterte er. Auch andere Spieler ergriffen Partei für den Suspendierten.
Derweil sorgte am Dienstag ein neuerlicher Eklat für Aufregung. Stefanos Tsitsipas, einer der Turnierfavoriten, verlor bei seiner Erstrundenniederlage gegen den Russen Andrei Rubljow die Fassung und geriet heftig mit Schiedsrichter Damien Dumusois aneinander. Dieser verwarnte ihn zunächst wegen Coachings und Zeitspiels. Als der Weltranglistenachte den Franzosen auf dem Stuhl einen »Spinner« nannte, blieb Dumusois ruhig und zog Tsitsipas einen Punkt ab. Der Grieche behauptete später, der Schiedsrichter habe etwas gegen ihn. Das könnte wieder zu einer Strafe führen. Diesmal aber nicht gegen den Referee.
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