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Mandarine ohne Vakuum
Helmut Rasch hat auch keinen Trost für beleidigte Professoren
Der deutsche Professor, das geht aus dem Hauptwerk des - immerhin - deutschstämmigen Professors Fritz K. Ringer hervor, hat es ja auch nicht leicht: Schon das erste große wissenschaftliche Buch, das sich speziell der Ergründung seines Wesen widmete - nämlich Ringers 1969 in Harvard erschienene Kollektivbiografie - trug das Attribut »Niedergang« im Titel.
Damit war nicht einmal nur gemeint, dass sich die Herren ab 1923 mit der Existenz der Gattung »Frau Professor« abzufinden beginnen mussten. Die Diagnose war vernichtender: Die Ära, in der sich Deutschlands Professoren - schrieb Ringer - wie »Mandarine« im alten China fühlen konnten, also als Geistesfürsten, die ihrer Herren Agenden in vollendetster Gedankenfreiheit vordachten, war nur ein vorübergehender luftleerer Raum in der Klassengeschichte: die Zeit zwischen dem früheren und späteren 19. Jahrhundert, als Großgrundbesitz nicht mehr und Industriekapital noch nicht zu einer Elitestellung verhalf.
Doch war diese Zeit offenbar so prägend für den homo academicus excellens, dass die Phantomschmerzen bis ins Heute reichen. Denn der »intellektuelle Stichwortgeber«, der »moralische Kompass« und »Vordenker«: All das existiert bis heute, selbst wenn Jürgen Habermas allmählich die konstruktiv kritischen Worte auszugehen scheinen. Zumindest, und das ist der Haken, besteht diese Herrlichkeit im Selbstbild der gesetzten Herren fort, die da vor dem Bücherregal sitzen, um auf Bildschirmen oder toten Bäumen der Welten Lauf zu ordnen.
Die Höhe des Sockels, den man einst Katheder nannte, konnte der bereits 2006 verstorbene Ringer nicht vermessen. Heute zeigt sie sich immer dann, wenn diese verspäteten Mandarine jäh aus ihrem Vakuum plumpsen. Wenn ihnen dämmert, was sie wirklich sind - Sprechpuppen einer daherplappernden Infotainmentindustrie, deren Unernsthaftigkeit sich an diesen Weltdurchschauungsgesten auflädt.
In diesen Wahrheitsmomenten vergiftzwergen sich die Herren Sinnstifter in einer Weise, die das Sprachbild der orangenfarbigen Südfrucht selbst im ekligsten Schrumpelzustand verbietet. Sie pöbeln im Netz herum wie jener Berliner Historiker, der sein Diktaturforschungsinstitut nicht bekam, was selbstredend nur an Mobbing durch »unfassbar dumme« und überdies »linksradikale« Wissenschaftsfeinde gelegen haben kann. Oder sie führen sich auf wie jener gleichfalls institutskohlemäßig zu kurz gekommene Politologe aus Dresden, der vor Jahresfrist eine »Diskussion« über die exakt metermäßige Definition einer rassistischen »Hetzjagd« vom Zaun brach - und sich nun, da jene ohnehin offensichtliche Menschenhatz von Chemnitz in Chatprotokollen »nachweisbar« ist, nicht kleinlaut entschuldigt, sondern in der Presse greint, die Sachsen-CDU habe sein »Potenzial« im Landtagswahlkampf nicht genutzt.
Wo solcherart missachtete Narzisse enden, weiß man inzwischen. Doch sei ihnen gesagt, dass auch dort kein Trost für sie ist. Denn selbst die AfD wird nicht zurück ins glorreiche Zeitalter der Mandarine finden, sondern 1933 hängen bleiben - und da, so Ringer, war deren Epoche schon vorbei.
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