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Nachhaltige Verunsicherung
Umweltschützer kritisieren die alte Landesregierung und stellen Forderungen an die neue
Umweltschützer verschiedener Herkunft haben der scheidenden rot-roten Landesregierung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Am Montag formulierten sie Erwartungen an die künftige Regierung und legten ein gemeinsam erarbeitetes Strategiepapier »Brandenburg 21« vor.
2014 hatten sich SPD und LINKE darauf verständigt, gemeinsam weitere fünf Jahre das Land Brandenburg zu regieren. Eine der ersten Maßnahmen sei es damals gewesen, den Beirat für Nachhaltigkeit abzuschaffen und diese wichtige Frage auf die Ebene eines Referenten beim Umweltministerium zu drücken, hieß es. Unter Umweltministerin Anita Tack (LINKE) hatte es den Beirat gegeben, unter Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) nicht mehr.
Peter Ligner, Vorsitzender des Vereins »Brandenburg 21«, sprach vor diesem Hintergrund von einem »Nachhaltigkeitsnotstand« und forderte, dass ökologische Nachhaltigkeit in der Landespolitik, auch in ihrer Personalpolitik, schon in den derzeit stattfindenden Sondierungsgesprächen zwischen den Parteien die ihr gebührende Rolle spielen müsste.
Etwas weniger kritisch sah Professor Manfred Stock, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und ehemals Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats, die rot-rote Regierung. Er verwies darauf, dass diese Regierung immerhin eine »Nachhaltigkeitsstrategie auf die Beine gestellt« habe.
Wie Franziska Sperfeld von der Umweltorganisation BUND allerdings tadelte, tauge diese Strategie nur bedingt als politisches Steuerungselement. Es reiche nicht, Symptome zu benennen. Es gehe darum, »die Ursachen abzubilden«. Und da könne das Bruttosozialprodukt nicht das Maß aller Dinge sein, sei es aber leider auch in der märkischen Landespolitik. Als »Leerstelle« bezeichnete Sperfeld, dass Brandenburgs »Wirken in der Welt« unterbelichtet sei.
Auf die Frage, was eine künftige Regierung nun konkret unternehmen solle, kam wenig mehr als die breite Darlegung von Verfahrensformen und Zuständigkeitserörterungen. Für den Verkehrsclub Deutschland schlug Fritz Viertel vor, sich die Standards zum Vorbild zu nehmen, wie sie in dicht besiedelten Regionen Westdeutschlands zum Teil gelten. Solche Standards sind zum Beispiel, wie oft der Bus eine Gemeinde anzusteuern hat. Doch wie soll das in dünn besiedelten Regionen Brandenburgs bezahlt werden? Viertel meinte, der öffentliche Personennahverkehr dürfe nicht länger eine freiwillige Leistung der Landkreise, Städte und Gemeinden sein, sondern müsse verlässlich finanziert werden. Eine Wende in der Verkehrspolitik sei nötig, weil der Verkehr derzeit für 23 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sei. Das nehme auch noch zu.
Ziel müsse es sein, den Anteil der klimaverträglichen Fortbewegungsarten von 40 auf 80 Prozent zu steigern und bis 2050 ein »klimaneutrales Verkehrswesen« in Brandenburg durchzusetzen. Dass es kein länderübergreifendes Umweltticket Berlin-Brandenburg gibt, bezeichnete Viertel als »Unding«.
Die Landwirtschaft sei sowohl Opfer als auch Treiber des Klimawandels, setzte Friedhelm Schmitz-Jersch, der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (NABU) hinzu. Von den zurückliegenden Jahren sei eines zu feucht und zwei seien zu trocken gewesen. Mit 7,3 Prozent habe der Agrarsektor einen beträchtlichen Anteil am CO2-Ausstoß. Das sei mehr als die prozessbedingten Emission der Industrie verschulden, erinnerte Schmitz-Jersch. Er verlangte, dass die 500 Millionen Euro, die in Brandenburg als Agrarsubventionen verteilt werden, stärker unter ökologischen Gesichtspunkten vergeben werden. Auch forderte Schmitz-Jersch Dynamik beim Waldumbau, also die schrittweise Ersetzung der Kiefernmonokultur durch Mischwald, und ferner den Anbau von Feldfrüchten, die den örtlichen Bedingungen besser angepasst sind. Schmitz-Jersch erwähnte ein Maisfeld, für das es eine Genehmigung gebe, mit dem Wasserverbrauch einer ganzen Kleinstadt gleichzuziehen. Ein Verbot von Mais mochte er wiederum auch nicht aussprechen. Er trat für andere Arten der Bodenbearbeitung ein und dafür, dass künftig weniger Pestizide als bisher eingesetzt werden.
Während die Klimaschützer bei einer Pressekonferenz im Potsdamer Landtagsschloss ihre Positionen darlegten, haben am Montag in Schwarze Pumpe mehr als 1000 Arbeiter aus Tagebauen und Braunkohlekraftwerken mit Trommeln und Pfeifen Politiker und weitere Teilnehmer einer Lausitz-Konferenz empfangen. Mit Regenschirmen, orangefarbenen Westen und roten Plakaten standen sie am Morgen am Veranstaltungsort, dem Clubhaus der Lausitzer Energie AG. Auf den Plakaten hieß es: »Es gilt, was vereinbart ist: 2038« und »Gesellschaftlicher Kompromiss - gilt euer Wort?«.
Vor dem Eingang zum Clubhaus hatten die Bergleute zwei Torbögen mit den Zahlen 2030 und 2038 aufgebaut, durch die die Teilnehmer der Konferenz gehen mussten. Hinter den Bogen mit der Aufschrift 2030 hatten sie Kohlebriketts gelegt. Wer sich nicht entscheiden wollte, musste einen Gang durch die Demonstranten hindurch nehmen.
Bei dieser ersten Lausitz-Konferenz sprachen rund 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltverbänden, darunter Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) und die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock, über die Zukunft der Region. Der von der Kohlekommission ausgehandelte Kompromiss sieht ein Ende der Kohleverstromung spätestens 2038 vor. Umweltverbände, die Grünen und auch die LINKE fordern den den Ausstieg bereits für das Jahr 2030. mit dpa
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