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Ein Ort zum Anderssein
Zwei Clubs in Peking und Berlin - und Techno als Widerstand.
Dieses Jahr feiert Berlin das 25-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft mit Peking. Neben den offiziellen Feierlichkeiten gibt es auch Austausch von unerwarteter Seite. Den Jahrestag nahmen zwei Clubs zum Anlass, eine Zusammenarbeit in der Szene zu starten. Die Macher*innen und Partizipator*innen des Clubs Zhao Dai in Peking und das Kollektiv des ://about blank in Berlin tauschen sich über die Clubgeschichte in den Städten aus. Unter dem Titel »Is it loud enough?! Clubkultur zwischen Berlin und Beijing« beleuchten sie die Rolle des Clubs als Widerstandspraxis und ergründen, wie Clubkultur auch eine Community-Kultur sein kann. Zu diesem Anlass sind fünf Beteiligte des Zhao Dai zu Besuch in Berlin gewesen und haben verschiedene Veranstaltungen organisiert.
Resom ist DJ und legt regelmäßig im ://about blank auf: Sie war von Anfang an in das Projekt involviert. »Ich bin schön öfters in asiatische Länder gereist und war dort auf Tour«, sagt sie. Viele Freund*innen hätten vom Zhao Dai geschwärmt. »Ich hatte auch bereits erste Kontakte mit Leuten vor Ort, und als ich dann dort war, haben wir uns auf den ersten Blick super verstanden.«
Dabei kam die Idee auf, etwas zusammen zu machen. Im März dieses Jahres besuchten fünf Kollektivmitglieder und zwei DJs des ://about blank Peking und veranstalteten dort gemeinsam mit den Chines*innen eine Fülle von Diskussionen, Workshops und Partys. »Zuerst gab es schon Bedenken wegen der politischen Situation in China«, erklärt Carmen Herold. Sie ist eine der Gründer*innen des Zhao Dai. »Wir haben dann aber erklärt, dass so eine Kooperation für viele junge Alternative die einzige Möglichkeit ist, Leute aus der Szene in Berlin kennenzulernen - und dann kam auch die Zusage«.
Es gibt seit über 30 Jahren eine Techno-Szene in Peking, die jedoch viel kleiner und prekärer ist als in Berlin. In gerade mal drei Underground-Clubs kann man in der chinesischen Hauptstadt feiern. Die Gründer*innen des Zhao Dai sind schon seit Jahren in der Technoszene aktiv. Der Entschluss, einen eigenen Club aufzumachen, kam vor rund einem Jahr. Der Laden musste aber wieder mehrere Monate schließen, weil es angeblich Probleme mit dem Brandschutz gab. Herold winkt ab. »Einen Club in China zu eröffnen, ist nicht einfach. Leute, die das versuchen, wissen, dass sie vielleicht nach ein, zwar Jahren wieder zumachen müssen.« Doch nicht nur mit staatlicher Repression müssen die Clubbetreiber*innen kämpfen. Die Marktmechanismen greifen auch in der Volksrepublik: »Auch wir haben in den letzten Jahren mit massiven Mieterhöhungen zu kämpfen«, ergänzt Zhi Qi Song, auch er einer der Gründer des Zhao Dai. »Was in Berlin passiert, ist nichts im Vergleich zu Peking.«
Steigende Mieten sind für Kulturschaffende in Deutschland ebenfalls ein großes Problem. Auch die gesellschaftliche Stimmung wendet sich mehr und mehr gegen alternative Kulturprojekte. Nationalistischen und neo-faschistischen Tendenzen in weiten Teilen der Gesellschaft ist die Idee einer freien Clubkultur ein Dorn im Auge. So stand unter anderem das Fortbestehen des Fusion-Festivals auf dem Spiel - weil die Polizei eine Wache und Streifen auf dem Festivalgelände durchsetzen wollte. Der linke Club Mensch Meier in Berlin wurde im März 2019 Ziel einer brutalen Zollkontrolle. »Hintergrund der Angriffe sind selten die Vorwände, unter denen sie vollzogen werden. Vielmehr sind sie Ausdruck der Abneigung gegenüber einer freiheitsliebenden, hedonistischen und emanzipatorischen Clubkultur«, heißt es dazu in einer Meldung des ://about blank.
Gleichzeitig ist gerade in der Hauptstadt Deutschlands die Mainstream-Clubkultur zu einem Aushängeschild geworden. 2018 kamen drei Millionen »Club-Tourist*innen« in nach Berlin. Darunter fallen Menschen, die in erster Linie des Nachtlebens wegen in die Stadt reisten. Zu diesem Ergebnis kam die Studie »Clubkultur Berlin 2019«, die im Auftrag der Clubcommission erstellt wurde. Dabei handelt es sich im einen Verband aus Club- und kulturellen Eventveranstaltern in Berlin. Im Schnitt gaben die Tourist*innen 204 Euro pro Tag aus und standen für einen Gesamtumsatz von eineinhalb Milliarden Euro - sowohl direkt in den Clubs, als auch in Hotels, Taxis oder Restaurants.
Sowohl gegen rechte Angriffe als auch gegen kapitalistische Vereinnahmung wehren sich das Zhao Dai und das ://about blank. Beide auf ihre Weise: Der Berliner Club ist als Kollektiv organisiert und hat einen linksradikalen Anspruch. Dies zeigt sich in zahlreichen Soli-Partys für Geflüchteten-Projekte oder politische Initiativen. Im autoritären China gibt es solche Möglichkeiten nicht. »Demonstrationen sind in China verboten, also suchen sich die Menschen andere Möglichkeiten«, so Zhi Qi Song. Eine Möglichkeit ist die Techno-Szene. »Was Menschen anziehen, welche Musik sie hören, welches Bier sie trinken, all dies ist politisch. Es ist eine Art des Widerstands gegen die herrschende Kultur«, ergänzt er.
Clubs sind oftmals Orte, an denen Menschen zusammenkommen, die nicht entsprechend der herrschenden Mehrheitsnorm leben wollen oder können. Für sie wolle man in Peking und Berlin einen Raum schaffen, sind sich Eli, Mitglied im Kollektiv des ://about blank, Zhi Qi Song und Carmen Herold einig. »Es ist schon irre, dass es 7000 Kilometer weit entfernt Menschen gibt, die die gleichen Ideen haben wie man selbst und man sich von Anfang an gut versteht«, schwärmt Eli. Sogar der Geruch in den Clubs sei identisch gewesen.
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