Aufregung um Jusos-Papier »linker SPD« für Regionalkonferenzen

Kühnert sagt: »Eine deutlich gerechtere Verteilungspolitik« ist »wichtigste Voraussetzung«, um Partei zu Erfolg zu verhelfen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Spitze der Jusos gibt den Funktionären auf Landes- und Bezirksebene Tipps für Fragen auf den SPD-Regionalkonferenzen mit den Parteivorsitzbewerbern. In einer E-Mail, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, werden »ein paar Anregungen für mögliche Fragen« gegeben. Verlinkt ist ein Dokument mit insgesamt neun Formulierungsvorschlägen zu Themen wie Hartz IV, Klimakrise und Feminismus. Über die E-Mail hatte am Freitag zuerst der »Spiegel« berichtet. Andere Fragen beschäftigen sich mit Waffenexporten, Ausbildungsplätzen und der grundsätzlichen Ausrichtung der Partei.

Die Nachricht wurde an Juso-Vorstände auf Ebene der Unterbezirke, Kreise, Bezirke und Länder geschickt. Sie stammt vom 4. September, dem Tag der ersten SPD-Regionalkonferenz in Saarbrücken. »Nutzt die Chance und geht zu den Veranstaltungen bei Euch vor Ort«, heißt es darin. »Stellt Fragen, hört Euch an, was die Kandidierenden zu sagen haben, und zeigt, dass wir Jusos uns in den Prozess aktiv einbringen.«

»Die SPD ist seit Jahren Regierungspartei und konnte einige Projekte umsetzen«, heißt es im ersten Fragevorschlag. »Trotzdem sinken unsere Umfragewerte immer weiter. Welche Schlüsse zieht Ihr für unsere politischen Positionen und die Bündnisse, in denen wir in Zukunft arbeiten sollten?«

Die E-Mail ist vom Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert und der kommissarischen Bundesgeschäftsführerin Julie Rothe unterzeichnet. Es handele sich um »ein ganz normales Mailing« an die Juso-Funktionäre und ein »normales politisches Vorgehen«, sagte eine Sprecherin der SPD-Jugendorganisation zu AFP. Die Jusos wollten im Verfahren zur Neubesetzung des Parteivorsitzes »natürlich die linken Kräfte bündeln«. Die Mail sei an 3000 Empfänger gegangen und »kein Staatsgeheimnis«, kritisierte Kühner am Freitag auf Twitter die Berichterstattung über die Mail. Die Fragen würden auf Beschlüssen der Jungsozialisten beruhen, erklärte der Juso-Chef weiter.

Lesen Sie hier das Juso-Fragen-Dokument »Laut werden für eine linke SPD«

Die Führungsspitze der Parteijugend hatte am Donnerstag beschlossen, offiziell das Bewerber-Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu unterstützen. Der Beschluss fiel einer Erklärung zufolge einstimmig. Entscheidendes Kriterium sei dabei deren Eintreten für Verteilungsgerechtigkeit gewesen, hieß es in einer Erklärung.

Zuvor hatte sich bereits Juso-Chef Kevin Kühnert für Esken und Walter-Borjans ausgesprochen. »Mit ihrem Plädoyer für eine deutlich gerechtere Verteilungspolitik wollen sie die wichtigste Voraussetzung für überzeugende sozialdemokratische Politik herstellen: einen handlungsfähigen und am Gemeinwohl orientierten Staat«, begründete Kühnert am Donnerstag den Beschluss des Juso-Vorstands. »Wir verstehen die Haltung zur Verteilungsgerechtigkeit als Gretchenfrage der programmatischen Erneuerung der SPD«, erklärte Kühnert weiter. Die Entscheidung der Jusos sorgt laut dem »Spiegel«-Bericht für Verwunderung in Teilen der SPD, auch innerhalb der Jusos. Über die E-Mail mit den Fragevorschlägen gebe es im Feld der Vorsitzbewerber ebenfalls »Irritationen«.

Die Kandidaten für die SPD-Spitze haben bereits acht von 23 Regionalkonferenzen hinter sich; die nächste Veranstaltung ist für Samstagnachmittag in Filderstadt südlich von Stuttgart geplant. Ab Mitte Oktober können die Parteimitglieder über ihre Favoriten abstimmen. Formal wird die neue Spitze vom Parteitag Anfang Dezember in Berlin gewählt. AFP/nd

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