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Internationalismus auf der Anklagebank
Die Repression gegen die Kurdistan-Solidarität zielt auf die radikale Linke, meint Nick Brauns
Wer sich in Deutschland solidarisch mit dem kurdischen Freiheitskampf zeigt, kann sich schnell vor Gericht wiederfinden. Insbesondere in Bayern gibt es derzeit eine Welle von Ermittlungsverfahren und Anklagen wegen Symbolen der syrisch-kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ. Ein besonderes Exempel soll hier offensichtlich am Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger statuiert werden. Der bekennende Kommunist wird von der Münchner Staatsanwaltschaft angeklagt, in zehn Fällen auf Demonstrationen YPG und YPJ-Fahnen gezeigt oder auf Facebook Zeitungsartikel mit entsprechenden Bildern geteilt zu haben. Mit dem Konstrukt, die Arbeiterpartei Kurdistans PKK habe diese nicht verbotenen Symbole »usurpiert«, sieht die Staatsanwaltschaft darin Verstöße gegen das PKK-Verbot.
Zwar beklagt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan regelmäßig, die PKK könne Deutschland als ruhiges Hinterland nutzen. Es wäre aber zu kurz gegriffen, die verschärfte Kriminalisierung der Kurdistan-Solidarität nur als einen den deutschen Wirtschaftsinteressen in der Türkei geschuldeten Bückling der Bundesregierung vor dem Autokraten aus Ankara zu sehen.
Das wird deutlich durch einen Blick in die Veröffentlichungen des Verfassungsschutzes. »Die Kurdistan-Solidarität als klassisches Agitationsfeld deutscher Linksextremisten war auch im Jahr 2018 ein Vernetzungs- und Mobilisierungsschwerpunkt«, heißt es etwa in dem Bundesbericht. Und eine im Februar 2019 erschienene Verfassungsschutzbroschüre beklagt »Wechselwirkungen und ideologische Gemeinsamkeiten« zwischen der PKK und der radikalen Linken. Dies sei einem »internationalistischen Selbstverständnis deutscher Linksextremisten« geschuldet, »die sich als Unterstützer revolutionärer Bewegungen in anderen Teilen der Welt sehen«. Die Zusammenarbeit begründe sich »durch den sozialistischen Internationalismusgedanken«, steht dort geschrieben. Ein besonderer Dorn im Auge ist dem Geheimdienst die seit 2010 bestehende Kampagne »TATORT Kurdistan«. Deren Ziel ist es, die Beteiligung des deutschen Staates und der deutschen Wirtschaft am Krieg in Kurdistan aufzuzeigen. Thematisiert werden etwa deutsche Waffenlieferungen an die türkische Armee sowie das PKK-Verbot.
Vielen deutschen Linken, die solidarisch an der Seite der demokratischen Revolution in Rojava/Nordsyrien stehen, geht es eben nicht um Guerillaromantik und die orientalistische Projektion »antiimperialistischer Sehnsüchte« auf das »wilde Kurdistan«, wie ihnen kürzlich in einer »taz«-Kolumne unterstellt wurde. Vielmehr lassen sie sich von der kurdischen Freiheitsbewegung, die engstirnige nationalistische Ziele zugunsten universeller libertär-sozialistischer und feministischer Vorstellungen hinter sich gelassen hat, inspirieren, um entsprechend dem Diktum Karl Liebknechts den Kampf gegen den »Hauptfeind im eigenen Land«, den deutschen Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie aufzunehmen.
Auch wenn es vorerst symbolische Blockaden von Panzerschmieden wie Rheinmetall sind, befürchten deutsche Sicherheitsbehörden, dass die Kurdistan-Solidarität als »Vernetzungs- und Mobilisierungsschwerpunkt« der radikalen Linken dazu beitragen könnte, die Verhältnisse hierzulande ins Wanken zu bringen. Ganz so, wie die im Oktober 1998 von der türkischen Armee ermordete Internationalistin Andrea Wolf es sich in einem Grußwort aus den Bergen Kurdistans gewünscht hatte: »dass es in den Metropolen Bewegungen gäbe, die diesen Krieg angreifen, unmöglich machen würden. Einfach den Nachschub kappen … Eine militante Bewegung, die die Kriegsmaschine lahmlegt.«
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