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Anklage gegen VW-Spitze erhoben
Staatsanwaltschaft Braunschweig will VW-Chef Diess, Ex-Chef Winterkorn und Aufsichtsratschef Pötsch wegen des Dieselskandals belangen
Gut vier Jahre sind vergangen, seit die Manipulationen, die Volkswagen an der Software seiner Dieselmotoren vom Typ EA 189 hatte vornehmen lassen, ans Tageslicht kamen: Am 18. September 2015 veröffentlichten die zuständigen Behörden der USA eine »Notice of Violation«. Enthüllt wurde darin ein illegaler Eingriff, der die Selbstzünder auf dem Prüfstand als weit umweltfreundlicher erscheinen ließ, als sie es tatsächlich waren. Sofern die Bosse der Wolfsburger Autoschmiede wähnten, die Vereinigten Staaten seien weit weg, und Unbill auf strafrechtlicher Ebene würde an den obersten Chefetagen vorüberrauschen, so werden solche Hoffnungen nun nicht zum ersten Mal zunichte gemacht: diesmal ganz in der Nähe von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft, die zuständig für die Ermittlungen in Deutschland ist.
Die Behörde teilte am Dienstag mit, sie erhebe Anklage gegen den aktuellen VW-Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess, dessen Vorgänger Martin Winterkorn und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Hans Dieter Pötsch. Sie sind nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörde dafür verantwortlich, dass Aktionäre vom Konzern nicht rechtzeitig über das Risiko informiert wurden, das den Anlegern durch den Dieselskandal drohte. »Marktmanipulation« heißt das Delikt, das die Staatsanwaltschaft den drei Männern vorwirft. Sie hätten »entgegen der ihnen obliegenden gesetzlichen Pflicht« den Kapitalmarkt zu spät über Zahlungsverpflichtungen informiert, die durch das Aufdecken der Dieselaffäre »in Milliardenhöhe« auf den Konzern zukamen. Damit hätten die Beschuldigten »rechtswidrig Einfluss auf den Börsenkurs des Unternehmens genommen«.
Das Wertpapierhandelsgesetz, so erläutert die Staatsanwaltschaft, verpflichtet börsennotierte Unternehmen dazu, kursrelevante Ereignisse unverzüglich im Rahmen einer Ad-hoc-Mitteilung öffentlich zu machen. Das müsse auch nach Bekanntwerden erheblicher finanzieller Risiken geschehen, damit Aktienbesitzer ihr Kauf- oder Verkaufsverhalten an die aktuelle Lage anpassen können. Dieser Informationspflicht seien die drei Manager jedoch nicht nachgekommen.
Nach Überzeugung der Ankläger hatten Winterkorn, Pötsch und Diess - wenn auch zu verschiedenen Zeitpunkten - vollständige Kenntnis von den Sachverhalten und den sich daraus ergebenden Schadensfolgen. Jeder der Männer - Diess habe am 27. Juli 2015 als Letzter von der Sache erfahren - hätte »für sich ab jedem Zeitpunkt die erforderliche Ad-hoc-Meldung veranlassen müssen, was aber nicht geschah«, geben die Strafverfolger zu bedenken.
Die 636 Seiten lange Anklageschrift wird nun vom Landgericht Braunschweig geprüft, und falls es sie zulässt, werden Termine zur Hauptverhandlung gegen die drei Männer anberaumt. Über einen Zeitpunkt lasse sich noch nichts sagen, heißt es aus der Behörde. Die möglichen Strafen, die den Spitzenmanagern im Fall einer Verurteilung droht, regelt das Wertpapierhandelsgesetz: Der Rahmen reicht von einem Bußgeld bis zu fünf Jahren Gefängnis.
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