Condor kriegt Staatsknete

Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro für angeschlagene Fluglinie

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Satz war in den vergangenen Tagen immer wieder zu hören: »Condor ist ein profitables Unternehmen.« So auch wiederholt von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am späten Dienstagabend in Berlin. Der CDU-Politiker hatte Journalisten in sein Ministerium geladen, um ihnen mitzuteilen, dass die Bundesregierung der angeschlagenen Airline einen Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro gewährt.

In Schieflage geriet die deutsche Traditionsfluglinie durch die Insolvenz ihres Mutterkonzerns Thomas Cook. Das britische Reiseunternehmen meldete nach am Sonntagabend gescheiterten Gesprächen mit Investoren über eine Kapitalspritze Insolvenz an. Minister Altmaier gab am Dienstagabend diesbezüglich ein etwas pikantes Detail bekannt: Condor stellte seinen Antrag auf einen Überbrückungskredit bereits am Freitag. Offenbar glaubte man in der Konzern-zentrale von Thomas Cook schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wirklich an eine Rettung des gesamten Konzerns.

Spaß und Verantwortung

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An der Entscheidung, Condor den Überbrückungskredit zu gewähren, war neben Altmaiers Ressort unter anderem auch das Kanzleramt, das Bundesfinanzministerium, das Verkehrsministerium und das Auswärtige Amt beteiligt. Der nun gewährte Kredit wird von der staatseigenen Förderbank KfW ausgezahlt und muss noch von der EU-Kommission genehmigt werden. Jedoch teilte man aus Brüssel bereits mit, dass man diesbezüglich in einem »engen und konstruktiven Kontakt« mit den deutschen Behörden stehe.

Das Risiko für den Kredit teilt sich der Bund mit dem Land Hessen. »Condor ist ein profitables hessisches Unternehmen, das durch seine britische Mutter und den Brexit zum Opfer zu werden drohte«, erklärte die Landesregierung. Condor hat ihren Sitz in Kelsterbach nahe dem Flughafen Frankfurt am Main. Mit ihr sind aktuell 240 000 Reisende aus Deutschland im Urlaub.

Bereits Air Berlin hatte vom Bund einen Überbrückungskredit erhalten, als die Fluggesellschaft vor gut zwei Jahren in die Insolvenz geriet. Zwar hat Air Berlin vor kurzem die letzten Tilgungsraten abgestottert. Damals regte sich der Verdacht, dass der Kredit weniger der Beschäftigungssicherung dienen sollte, sondern Unternehmen wie der Lufthansa die Möglichkeit geben sollte, sich lukrative Unternehmensteile von Air Berlin zu sichern.

Folglich wird bei Condor jetzt betont, dass alles anders sei. Der Überbrückungskredit gebe den fast 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive, teilte etwa das Bundeswirtschaftsministerium mit. »Weil unsere Liquidität für die saisonal bedingt schwächere Buchungsperiode von unserer insolventen Muttergesellschaft verbraucht wurde, benötigen wir diese Brückenfinanzierung für den Winter«, erklärte Condor-Chef Ralf Teckentrup und verwies nochmals darauf, dass man ein »operativ gesundes und profitables Unternehmen« - das mit dem Kredit aus dem Haftungsverbund des insolventen Mutterkonzerns gelöst ist und nun nach einem Käufer sucht.

Bei den Gewerkschaften wurde die Gewährung des Kredits positiv aufgenommen. »Es ist sehr gut, dass sowohl die hessische Landesregierung als auch die Bundesregierung Verantwortung für Condor und die Beschäftigten übernommen haben und diesen Kredit zur Verfügung stellen«, sagte Christine Behle, Vorstandsmitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Es müsse nun alles für die Weiterführung des Geschäftsbetriebs und den Erhalt der Arbeitsplätze getan werden.

Weniger Glück als die Condor-Angestellten haben die Beschäftigten der anderen deutschen Thomas-Cook-Töchter. Sie müssen sich jetzt erst mal beim Arbeitsamt melden, da die deutsche Geschäftsführung von Thomas Cook am Mittwoch ein Insolvenzverfahren einleitete. »Es geht hier nicht nur um die rund 2000 Beschäftigten von Thomas Cook in Deutschland, sondern auch um die Beschäftigten von mehreren Tausend Reisebüros im ganzen Land, die auch für Thomas Cook Reisen verkaufen«, so ver.di-Vorstand Behle.

Dabei hofft man nun auch bei der Thomas Cook GmbH auf einen Überbrückungskredit. Medienberichten zufolge soll sie beim Bund ein Darlehen in Höhe von 375 Millionen Euro beantragt haben. Kommentar Seite 10

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