- Politik
- Klima
Was die Thomas-Cook-Pleite lehrt
sieben tage, sieben nächte über den Wandel des Klimas und Flugreisen.
Das Klima wandelt sich, und die Schuld daran wird oft den Verbrauchern gegeben: Sie konsumierten zu viel, zum Beispiel Flugreisen, und fühlten zu wenig Flugscham. Dass die Verbraucher überhaupt so viel fliegen können, liegt an den niedrigen Ticketpreisen, die auch jenen eine Reise ermöglichen, die offiziell nicht zu den Leistungsträgern der Gesellschaft gezählt werden. Dass die Preise so niedrig sind, soll wiederum Schuld der Politik sein, die das Fliegen zu wenig besteuert. Dass der Staat das Fliegen nicht teurer macht, kann allerdings nicht der Grund dafür sein, dass es im Ausgangspunkt so billig ist.
Den wahren Grund nannte diese Woche im Zusammenhang mit der Thomas-Cook-Pleite der Chef des Cook-Konkurrenten TUI in der FAZ: die »schwierige« Marktlage. »Auf dem deutschen Markt gibt es zu viel Flugkapazität«, so Fritz Joussen, »es muss eine Bereinigung geben«, also Pleiten. Doch die fänden nicht statt. Selbst die Flugzeuge von Air Berlin »fliegen alle noch, nur für andere Gesellschaften«. Solange es keine Bereinigung gebe, bleibe der Preisdruck hoch.
Darunter leiden die Unternehmen zwar. Doch eigene Kapazitäten stilllegen wollen sie nicht. »Solange es Flugzeuge gibt«, erklärt Joussen, »fliegen sie«, was allerdings nicht an den ruhelosen Maschinen liegt, sondern an der Tatsache, dass diese Fluggeräte Betriebsmittel sind, die einen Gewinn abwerfen sollen oder zumindest Einnahmen erwirtschaften. Angesichts der Überkapazitäten bieten die Airlines daher Mallorca-Flüge für 19 Euro an und versuchen so, einerseits auch die Reiselust der Armen zu Geld zu machen und andererseits die Konkurrenten - unter anderem die Bahn - auszustechen. Die Überkapazitäten bleiben damit bestehen, teilweise gefördert durch Staatskredite. Jedes einzelne Unternehmen wünscht sich zwar »Marktbereinigung« - aber bei den anderen. Frei nach dem Satz des ehemaligen BMW-Chefs Eberhard von Kuenheim: »Es gibt zu viele Autos, aber zu wenig BMW.«
So ist die marktwirtschaftsgemäße Lage. Wie wird sie gedeutet? Die Airlines in Form des Luftverkehrsverbandschefs Matthias von Randow beklagen die »unwirtschaftlichen« Billigpreise und die »künstlich erzeugte Nachfrage«. Randow tut damit so, als wäre die Marktlage ein den Unternehmen von außen aufgedrücktes Datum für das sie nichts können - und nicht das Ergebnis ihrer eigenen Verdrängungskonkurrenz. Für die Politik in Form von Alexander Dobrindt sind die Billigpreise »weder marktwirtschaftlich noch klimapolitisch sinnvoll«. Damit leistet der Ex-Verkehrsminister seinen Beitrag zur Annahme, Marktwirtschaft und Klimaschutz gehörten eigentlich zusammen.
So ist das Problem schön zurechtdefiniert: als ein Versagen der Verbraucher, deren beschränkt zahlungsfähiges Erholungsbedürfnis das Klima versaut. Stephan Kaufmann
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.